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Tag 11

Freitag, 21.04.2023 – Stress und Maissuppe

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, Sodbrennen, Schlafprobleme, Angespanntheit, Kopfschmerzen

Meine Nacht war wieder sehr unruhig, mit Sodbrennen, aber ich bin jedesmal mit Musik in den Ohren aufgewacht und auch wieder eingeschlafen. Ich habe heute schon wieder so überhaupt keine Böcke. Auf nichts.

7.05 Uhr Ich warte im Wohnzimmer, bis die Pflegekraft kommt, den Tagesplan auslegt, ich meine Medis abholen kann und wir meine Tagesplanung durchgehen können. Mein Tagesplan macht vielleicht mehr Druck, als er nimmt. Mal schauen, wie sich das entwickelt… Zusätzlich läuft hier eine Mitpatientin nervös durch die Gänge, weil sie auch wartet. Das ist alles so anstrengend. Ich will wieder ins Bett!

7.15 Uhr Die ersten to do’s kann ich abhaken und es hat ja nur ein paar Nerven gekostet.

7.30 Uhr kurze Morgenrunde, schnell die Frühstück-Tabletts verteilen. Keine Zeit verlieren.

9.30 Uhr Werken lief wieder super. Die Sitzfläche ist erst einmal fertig und jetzt kommen die Beine dran. Natürlich sollen diese 70 cm lang sein und müssen dann mit querbalken gehalten werden. Ist noch ein wenig mehr Arbeit, aber ich habe ja auch noch mindestens 4 Wochen. Im Anschluss will die Musiktherapeutin mit mir quatschen und schauen, ob wir uns heute noch zusammensetzen. Ich hab so einen Bock auf die Therapie, aber nicht, wenn meine Planung durcheinander wirft. Das macht nicht nur den Plan sondern auch den Tag für mich zu nichte. Ich wollte/musste einfach absagen, aber die Therapeutin ist flexibel und sagt mir, dass ich einfach nach der Visite vorbeikommen soll und wir bis12.00 Uhr dann musizieren. Natürlich sage ich ja. Ich bin viel zu feige, es zumindest anzusprechen, dass sie mir den Tag kaputt macht.

10.30 Uhr noch eine Person vor mir in der Visite. Kacke! Ich schaffe es sogar noch pünktlich. Das wirft den kaputten Plan nochmal durcheinander. Ich kann das nicht. Echt. Das schlägt mir ordentlich auf den Magen.

10.50 Uhr Ich sitze in der Visite. Da es Urlaubszeit ist, schaue ich nur in 3 Gesichter, anstatt in 6. Das ist aber schon schlimm genug. Auch, wenn die 3 Sympathisch sind. Das ist eine unangenehme Situation. Ich komme sofort zur Sache:“ Wir haben gestern angefangen, einen Tagesplan zu erstellen. Das ist super! Nur nicht, wenn jemand etwas durcheinder schmeisst! Ich könnte das zu ersetzende ausradieren. Das sieht dann aber nicht mehr so perfekt aus und deswegen kann ich die allererste Seite nicht verschandeln. Ich könnte die erste Seite auch rausreissen, aber dann ist das Heft kaputt und ich muss es ganz wegschmeissen. Ich brauche eine Verschnaufpause, sonst explodiere ich.“ Das macht mich echt fertig! Der innere Druck ist grundsätzlich schon sehr hoch und dann schmeisst mir jemand meine Planung durcheinander. Das Ende vom Lied ist: Die Musiktherapeutin wird angerufen, dass ich gegen 11.15 Uhr dort ankomme, ich noch kurz in den Garten gehe und etwas gegen das Sodbrennen bekomme. Ach, nebenbei haben wir noch besprochen, dass das Fluoxetin abgesetzt wird, weil sich das nicht mit dem Anafranil verträgt. Das Anafranil ist das eigentliche Problem, hilft mir aber bei den Zwängen. Gerade jetzt kann und will ich das nicht absetzen. Wir lassen’s dann auch erst einmal dabei. Schnell auf Toilette gerannt und dann bemerken, dass ich das nicht zeitlich schaffe, mit dem Garten. Dann quarze ich mir in Ruhe eine. Das hilft ja auch. Nicht so gut, wie die Hühner, aber immerhin. Als ich gemütlich anfange zu rauchen, fällt mir auf, dass ich schonmal losgehen muss, da ich sonst zu spät komme. Alter*! Was ist hier los?

11.15 Uhr Ich bin pünktlich. Wow! Der Therapeutin ist’s unangenehm, dass wir beide so einen schlechten Start haben. Das ist so auch nicht in ihrem Sinne. Ich bin auch ehrlich zu ihr und sage ihr, wie’s mir gerade damit geht und, dass ich kurz davor bin, einfach nach Hause zu gehen. Nach einer kurzen Aussprache, darf ich mich hinter das Drum-Set setzen. Das wollte ich schon immer mal machen. Boah, war das kompliziert und schahmbehaftet für mich, da etwas zu produzieren, was sich nach Musik anhören soll. Ab ans Xylophon. Da es mein zweiter Durchgang ist, fühle ich mich da wohler. Zwischendurch sind wir beide voll im Flow. Das hört sich nicht nur nach Musik an, es hört sich sogar gut an. Es ist ein Wechselbad der Gefühle, es kribbelt… und ich will weglaufen. Das war eine so positive Situation und ich war überfordert. Ich konnre damit nicht umgehen. Mit Schahm kenne ich mich aus, aber das, das war ungewohnt. Unangenehm. Nach einer Analyse durfte ich mir noch etwas aussuchen und ich habe mich für die Hang Drum entschieden. R. hat sich selbst eine und ich würde mich da gerne mal rantrauen. Gar nicht so einfach, gute Töne rauszubekommen. Macht total Spass. Nächste Woche musizieren und reden wir 30 Minuten zusammen und dann darf ich mich 20 Minuten alleine mit der Hang Drum anfreunden. Nichts lernen! Einfach nur spielen und es laufen lassen. Ich bin so steif, verkrampft und zwanghaft, dass das eine sehr grosse Herausforderung wird. Eine, auf die ich mich sehr freue.

12.00 Uhr Ab zum Mittagessen. E. fährt uns zum Rewe und will sofort nach dem Essen, spätestens 12.45 Uhr losfahren.

12.40 Uhr E. kommt gerade von ihrer Therapie und hat sich umentschieden. Stressfrei essen und erst gegen 14.00 Uhr losfahren. Heute stimmt irgend etwas nicht. Sind das alles therapeutische Tests? Das kann nicht wahr sein. Ich bleibe noch bei den anderen bis 13.15 Uhr sitzen und gehe dann doch noch auf mein Zimmer. Einfach nur mal zur Ruhe kommen und die Augen ausruhen.

13.55 Uhr Es klopft an der Tür. E. fragt, ob wir loskönnen. Jau. Ab zum Rewe.

15.00 Uhr Das gemeinsame Schnippeln macht Spass. Zwischendurch kommen wieder Jegendherbergs-Gefühle hoch und wahrscheinlich nicht nur ich vergesse zwischendurch, wo wir eigentlich sind. Als ich ein Messer in die Küche der Pfleger*innen bringe, gibt mir die Pflegerin eine Skillsliste, die ich mir ausfüllen bzw. passendes ankreuzen soll und ein Spannungsbogen, eine Art Tagebuch, in das ich mehrmals täglich den Level meiner Anspannung eintragen soll. Am Wochenende soll ich mir das anschauen und ausprobieren und ab Montag wird’s ernst. Ich find’s gut, dass wir da mal genauer hinschauen.

18.00 Die Maissuppe mit Popkorn schmeckt echt super. Alle sind begeistert. Langsam weicht der innere Druck des Tages den ankommenden Kopfschmerzen. War ein harter Tag. Jetzt kann ich mich langsam entspannen und runterkommen.

18.35 Uhr Ab ins Bett, das Hamburger Stadt-Derby hat schon angefangen. Was für ein Spiel. Ich musste mich echt zusammenreissen, hier nicht rumzuschreien.

21.49 Uhr Morgen geht’s bis Sonntag nach Hause. Gute Nacht!

Abhängen bei den Anthros

Seit dem 11.04.2023 bin ich in vollstationärer psychologischer Behandlung in der Klinik in Herdecke. Hier bin ich, weil diese Klinik für mich zuständig ist und ich leider nicht länger warten kann.

Um mit dieser Situation besser umgehen zu können, habe ich mich dafür entschieden, diesen Blog als Tagebuch zu erstellen und täglich meine Erlebnisse und Gedanken zu veröffentlichen.

Einerseits können mir nahestehende Personen so mehr über mich Erfahren, weil ich nie so viel erzählen würde. Andererseits hoffe ich so, nicht zu viel runterschlucken zu müssen und ein wenig Druck von mir nehmen zu können.

viel Spass beim lesen

Tag 1, 11.04.2023Erst einmal eine ins Gesicht stecken

Tag 2, 12.04.2023Migräne

Tag 3, 13.04.2023vermatscht

Tag 4, 14.04.2023MillernTon

Tag 5, 15.04.2023Studanny / Kommilitanny

Tag 6, 16.04.20232,3

Tag 7, 17.04.2023Danke Merkel

Tag 8, 18.04.2023I can’t get no Desinfection

Tag 9, 19.04.2023Kein Schlaf ist auch keine Lösung

Tag 10, 20.04.2023 – Fugendruck und Fankultur

Tag 11, 21.04.2023 – Stress und Maissuppe

Tage 12 + 13, 22. + 23.04.2023 – Wochenende, 3 Punkte, Aufstiegskandidat und Spitzenreiter

Tag 14, 24.04.2023 – Spannungskurven und Spaziergänge

Tag 15, 25.04.2023 – schachten im Bett

Tag 16, 26.04.2023 – schlechte Laune, bester Tag

Tag 4

Freitag, 14.04.2023 MillernTon

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, missgendern, trans* Feindlichkeit, Sodbrennen, Schlafprobleme, Angespanntheit

6.00 Uhr Sehr unruhige Nacht gehabt. Und Sodbrennen. Keine Ahnung, warum. Die Drittel Tüte Flips kann es ja nicht gewesen sein…

7.30 Uhr Wieder eine kurze Morgenrunde. „Mein gestriges Highlight war das Cappuccino-trinken mit R. und das ich meine Schlappen endlich habe. Meine Nacht war wie immer unruhig und anstrengend. Ich freue mich heute tatsächlich auf die Visite, weil dann ein paar Fragen beantwortet werden.“ Frage mich, warum es wichtig ist, dass wir den Sprecher*innen-Ball zuwerfen und nicht geben sollen. Ich hasse das!

8.00 Uhr wieder verspätetes Frühstück und ich steh sofort unter Druck, weil wir um 8.15 Uhr losgehen zum Werken. Mir ist bewusst, dass die Küche nicht nur uns beliefert, aber diese Situation macht mir den Tag nicht einfacher. Ausserdem ärgere ich mich immernoch sehr über meinen Tablett-Fopaux. Das wegbringen des Tabletts hat mir so schon genug Stress bereitet, aber jetzt ist es um einiges schlimmer.

10.00 Uhr Das Werken war wieder super. Der Betreuer ist auch voll Sympathisch. Ich habe mich zwischendurch auch schon gefragt, wie teuer wohl so ein gebrauchter Werktisch ist. Meine Mitpatientin hatte schonmal geschaut. Ab 79,-€. Hoa! Interessant!

10.15 Uhr Der Druck steigt erst jetzt, aber dafür ins Unermessliche. Scheiss wichtige Termine! Ganz vergessen was für einen Druck ich bei solchen Terminen immer verspüre. BAH!

12.00 Uhr Dass Mensch ein wenig warten muss, ist klar. So lange hat sich dass wohl auf dieser Station aber noch nie hingezogen. Ich war für 10.45 Uhr eingetragen. Wenigstens bin ich ab 10.30 Uhr zu den Wartenden gegangen und hatte ein paar gute Gespräche. Mit wem? Dem neuen Schlacker, der gestern angekommen ist. Langsam wird’s peinlich… Er hat sich erst gar nicht getraut, sich dahingehend zu outen, weil er schon öfters einen drauf bekommen hat. Weil er Fan eines bestimmten Vereins ist. Das ist Fussball! Typensuppe! Thesto! Riesige, enorme…

Auswärtsfahrten.Ich war von ca. 2009 bis 2012 aktiv in der Fanszene Dortmund. Dies war der Beginn, meiner politischen Karriere. Irgendwann habe ich mich gefragt, warum ich soviel Zeit und Geld in ein Unternehmen investiere, welches Millionen macht. 2012 kamen dann die zwei Schlaganfälle und ich habe mich langsam vom Fussball weg hin zum Tierrecht entwickelt. Das war eine sehr gute und auch wichtige Zeit. Ich trauere doch aber auch seit Jahren meiner Dauerkarte für Block 13 auf der Südtribüne nach. Vor allem, weil sie jetzt der damalige Mann meiner Cousine hat. Pfui! Egal. Diese Entwicklung war schon gut. Seit 2 Jahren bin ich jetzt wieder aktiv und das deutschlandweit. Vor allem für trans* Menschen in den Stadien, aber auch gegen jede Art der Diskriminierung in und um den BVB und deutschlandweit. Das macht Spass. Ist aber auch mit sehr vielen Privilegien und Kontakten verbunden. Fühlt sich manchmal schon komisch elitär an. Das ist wohl auch der Reiz daran.

17.00 Uhr AAAAH! Ich wollte nur eine Stunde pennen und daraus sind dann 3 geworden.

Oh, kacke! Ich habe Debbie vom MillernTon-Podcast bzw. „Female St. Pauli Stories“-Podcast fast vergessen. Schnell einen Lebenslauf zusammenpasten (wird ausgesprochen: zusammenpäisten) und ab dafür. Dieses Jahr sind schon einige Anfragen reingekommen. Auf das Interview mit Debbie zum Thema „trans* Fussballfans“ freue ich mich ganz besonders. Langsam fühle ich mich auch in der Fanszene von St. Pauli heimisch. schwarzgelbbraunweisse Liebe halt

18.00 Uhr Jetzt gibt’s das Freitagabend-Gemeinschaftsessen. Wenn Anfang der Woche die Wochenämter vergeben werden, gibt es zwei oder mehr Menschen (Uh, schon lange nicht mehr „Meermenschen“ von Moop Mama gehört), die für alle kochen. Heute gab’s Spaghetti Bolognese. Eine normale Pfanne mit gutem Fleisch und eine vegane. Boah, war das lecker.

19.00 Uhr Eine quartzen und wieder ein sehr gutes Gespräch mit dem Schalker (Ich werde langsam weich und benutze das böse Wort mit Sch) geführt. Da ich auf meiner Jacke einen „Stay queer, stay Rebel“-Aufnäher habe, hat er gefragt, ob ich den „nur“ aus solidarität habe oder ob da mehr dahintersteckt. (HAH! Welches Statement! Ich muss immernoch darüber lachen!) Nach meinem Outing hat er sich erst einmal nach meinen Pronomen erkundigt. Das war sehr schön. Vielleicht schaffe ich es heute noch, mich bei meinem Bettnachbarn zu outen. Ich weiss, er ist cool, aber irgendwie gibt es nie einen perfekten Zeitpunkt. Als wenn es diesen überhaupt geben kann…

20.25 Uhr Post feddich machen Schoki futtern und ne Runde Schach gegen den PC, also einer App und gegen den Computer. Auf dem Handy. Ihr wisst schon. Ich schreibe „Ihr“, weil mehr als zwei Leute behaupten, dass sie mein Zeugs lesen.

20.25 Uhr und 55 Sekunden Gute Nacht! Sodbrennen verpiss dich! Äh, komm gar nicht erst an!

Tag 3

Donnerstag, 13.04.2023 vermatscht

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, missgendern, Migräne

6.30 Uhr Vermatscht aufstehen. War wohl nicht genügend Schlaf… Erst einmal eine drehen und an die frische Luft gehen. Kaffe ist auch gut. Heute Nachmittag bekomme ich Hafermilch von R. geliefert. Keine Ahnung, worüber ich mich mehr freue. Doch, hab ich. Oder? Mhmm…

7.30 Uhr Kurze Morgenrunde „Ich habe gar nicht gut geschlafen, weil ich ab Mittag Migräne und den halben Tag verpennt habe. Auf’s Frühstück freue ich mich.“

8.00 Uhr Zwei Brötchen, drei verschiedene Marmeladen und schon wieder Honig. Wenn die Person(en) mir das schon zum Frühstück geben, will ich gar nicht wissen, was alles so unveganes im Mittagessen steckt… Hah! „Welches Statement hinter meinem Aussehen steckt!“ Ich lach mich immer noch kaputt!

8.15 Uhr Erst einmal das Tablett beim wegstellen mit einem lauten klirren auf den Boden fallen lassen. Alles voller Scherben. Das ist wohl allen schonmal passiert. Das ist auch okay, aber nicht, dass es mir passiert. Das geht gar nicht. „EY ANNY! Merkste selber, ne?“

8.30 Uhr Endlich wieder Werken. Hab voll Bock auf den Hocker, den ich bastle. Ich war schon in einigen Kliniken und Handarbeit habe ich immer gehasst. Hier habe ich total Böcke drauf und habe jetzt Angst, mich wieder überanzustrengen (ist das ein Wort? Also, ein richtig echtes?). Ich will nicht wieder Migräne bekommen. Mann ey!

10.00 Uhr Total verschwitzt und zufrieden erst einmal rasieren und duschen. Für heute scheine ich nichts mehr zu haben. AUCH KEINE MIGRÄNE! Hörst du!?!

11.30 Uhr Und, mit wem verstehe ich mich hier am besten? Genau. Mit dem Schlackefan. Voll gut gerade über lesbische Ehen (sie), das gendern generell gequatscht und mich bei ihr geoutet. Einfach toll. Naja, ausser, dass sie Fan von so einem Verein ist, aber da kann ja niemand etwas für. Ausser Schlackefans, die machen das extra! Vor 10 Jahren hätte ich tatsächlich nicht mit ihr geredet, weil ich das ein ganz klein wenig zu ernst genommen habe mit der Feind*innenschaft. Boah, bin ich ein hochnäsiges Arschloch gewesen. Die gute, alte Zeit…

12.10 Uhr Zum Mittag gab es Nudeln Bolognese, Selerie-Krautsalat (nenne ich es einfach mal) und eine Pflaume. Kann mich nicht beschweren. Mist!

13.00 Uhr Eine geraucht und auf dem Rückweg habe ich mich in den Klinikladen getraut. Ich bekomme zwar nachher Schoki und Co., aber das wird bei mir nicht schlecht. 7 Euronen und ein paar Kaputte für eine Tafel Schoki, ein Päckchen Plätzchen und eine kleine Flasche Fritz-Kola (ist das Unternehmen oder sie Besitzer nicht negativ aufgefallen? Irgend etwas uncooles war doch da.)

13.05 Uhr Mhmmm Schoki und Kola! 🙂 Wenn es etwas gibt, was ich aus meinem Tagesklinik-Aufenthalt 2018 in Wuppertal gelernt habe, dann ist’s Genuss. Ausser bei Schoki. Die inhaliere ich. Ich nehme mir immer vor, auch Schoki zu geniessen, aber das merke ich erst nach der Tafel.

15.00 Uhr R. war da und hat mir meine Schlappen und Schluckerzeugs gebracht. Wir haben noch im Klinik-Cafè zwei Cappuccinos gesüppelt und draussen eine geraucht. Das war so schön! Beim Taschepacken vorm Klinikgang habe ich eine Badehose eingepackt, aber keine Flip Flops und Hausschuhe. Das war schon ein wenig eklig, Barfuss die paar Schritte zum Zimmer zu latschen und nervig andauernd mit den Strassenschuhen rumzulaufen, aber diese Zeiten sind jetzt vorbei.

17.00 Uhr Letztes WE habe ich mir über ebay das ST. Pauli-Jubiläumsbuch bestellt. Dieses habe ich schon länger im Auge, aber es war mir immer zu teuer. Also gebraucht zu teuer. Soweit ich kann, kaufe ich seit ca. 5 Jahren alles Second Hand, ausser Unterbuchsen und Socken. Keine Ahnung, warum ich dabei so spiessig bin. Jetzt erst einmal ein wenig lesen.

18.00 Uhr Ich versuche seit ungefähr zweieinhalb Stunden an Schmerztabletten zu kommen, aber das Pflegezimmer ist nicht besetzt. Langsam wird der Druck im Kopf stärker. Vielleicht sollte ich mich vor die Tür legen, damit ich die Person nicht mehr verpasse…

18.10 Uhr Abendbrot war gut. Ich habe jetzt Schoko-Creme.

18.45 Uhr Ich habe endlich eine Ibu bekommen und gleich sogar ein Gespräch mit meiner Bezugspflege. Ich glaube, ich bin ihr zuvor gekommen. Ich habe nämlich gefragt, wer meine BP ist und sie sagte dann „Ja, ich wollte eh noch auf sie zukommen. Wir können gleich das Erstgespräch halten.“. Jau du, machen wa.

20.15 Uhr War ein gutes Gespräch. Es ging darum, worauf wir hier den Fokus legen möchten. Ich habe mich für Antrieb, meine kurze Zündschnur und Achtsamkeit entschieden. Ist echt kacke, wenn Mensch so viele Baustellen hat.

22.00 Uhr Gute Nacht. Endlich wieder pennen…

Tag 2

Mittwoch, 12.04.2023 Migräne

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Depressionen, Zwänge, Borderline, Psychosen), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, missgendern

6.15 Uhr Ich hatte eine sehr unruhige nacht, habe aber nur einmal um mich geschlagen. Geschrieen habe ich wohl nicht.

Abends hat es sich so angehört, als wenn jemand weint. Das ging länger so. Gehört dazu, aber dieser Umstand hat mich an meinem Aufenthalt 2012 auf der Stroke Unit in einem KH in Dortmund erinnert. Das ist die Schlaganfall-Abteilung. Ich bin eigentlich nur in die Notaufnahme, weilich dachte, dass ein Krankenschein von ’nem Krankenhaus mal etwas anderes ist und dies ein wenig Abwechslung bringt. Konnte ich ja nicht wissen, dass die mich sofort da behalten. Ich musste Tage aufs Ergebniss warten. Es Hiess nur „Entweder ist’s ein Hirntumor, Meningitis (Hirnhautentzündung) oder ein Schlaganfall. Die Warterei war die Hölle. Nicht nur, weil das Ergebnis auf jeden Fall kacke ist, sondern auch die Nächte waren der Horror. Eines Nachts musste eine Person vom Pflegepersonal beruhigt werden, weildiese dachte, sie wird gerade von Ausserirdischen eingefangen. In einer anderen Nacht wurde ich plötzlich wach, weil ein Bettnachbar auf meinem Bett sass. Als ich ihn fragte, ob alles okay sei, hat ersich erschrocken, weil er dachte, er sitzt auf seinem Bett. Danach konnte ich in den nachfolgenden Nächten nicht mehr richtig pennen. Bettnachbar Nummer 2 musste ans Bett gefesselt werden, weil er andauernd das Zimmer auseinander genommen hat. Er konnte nicht mehr sprechen und wollte irgendwas. Niemand hat ihn verstanden. Vielleicht wusste er selbst nicht was er genau wollte. Dieser ca. zweiwöchige Aufenthalt hat mich sehr geprägt. So etwas kannte ich nur mit Psychiatrien aus Filmen. Dies hier ist mein 6ter Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik und vergleichbares habe nie erlebt. Will ich auch nicht mehr.

7.30 Uhr Kurze Morgenrunde mit kleiner Zusammenfassung, wie die letzte Nacht war und was Mensch gestern gut fand. Die Krankenhaus-Katze hat uns währenddessen besucht. Cooles Tier. Katzen sind Arschlöcher, diemag ich.

7.50 Uhr Frühstück, zwei Brötchen mit drei verschiedenen Marmeladen und eine Pflaume

8.30 Uhr sollte ich mir einen Termin beim Werken holen und konnte sofort dort bleiben. Damit habe ich nicht gerechnet, aber es tat sehr gut und ich bastel mir einen Hocker aus Holz. Freu mich sehr aufs Ergebnis.

9.30 Uhr Erstmal eine ins Gesicht stecken und Kaffee trinken. Meine Mitpatient*innen sind alle ganz nett. Ich fliege aber noch stealth, weil ich mich nicht traue, mich zu outen. Hier tut es aber nur halb so weh, missgendert zu werden. Zwei Personen haben mich auf meinen Vornamen angesprochen, denen habe ich erzählt, dass ich 2020 eine Personenstandänderung vollzogen habe, als divers eingetragen bin und diesen Vornamen dann angenommen habe. Das ist wie mit Veganismus. Ich will es niemanden auf die Nase binden, weil ich keine Böcke aufs Gelaber habe. Wenn Menschen mich darauf ansprechen, mache ich aber auch kein Geheimnis draus. Das funktionockelt ganz gut. Ich bin ja so schon der bunte Vogel ganz in Schwarz.

11.00 Uhr Mein erstes Gruppengespräch. Nach 20 Minuten habe ich abgeschaltet und war fertig mit den Nerven. Am zweiten Tag ganz normal.

12.00 Uhr Mein Mittagessen ist nicht gekommen, aber voll unpassend. Ich habe wahnsinnige (Raffste? Ich bin doch inner Klappse!) Kopfschmerzen und bekomme irgendein Ferrum-Quar-Zeugs. Ich wollte Ibus einnehmen, habe mich aber nicht getraut zu sagen, dass ich echte Medizin nehmen möchte. Ich habe schon gesagt, dass ich die nicht ausprobieren will, durfte aber nur die nehmen, weil in .einer Akte noch nichts über meine Bedarfsmedikation stand. Dann schlucke ich halt das Zeugs. Was keine Wirkung hat, hat auch keine Nebenwirkung.

14.00 Uhr Ich werde aus’m Tiefschlaf gerissen und darf mit Koppschmerzen zum EKG latschen. Als ich auf den Ausdruck schaue, steht dort „männlich“. Alle Angaben wurden erfragt, nur das wird automatisch ausgefüllt. Vielleicht ist die Angabe für die Werte wichtig (Gendermedizin), allerdings hat mir das jetzt heute das Genick gebrochen. Ich kämpfe täglich zigmal darum, angemessen gegendert zu werden. Gendermedizin hat seine Berechtigung, aber ab wann ist ein Körper männlich und ab wann weiblich? Muss eine Brust eine bestimmte Grösse haben, um weiblich zu sein? Ich kenne meine Thesto-Werte nicht, aber naja. Egal. Während des Wartens wurde ich von einer Mitpatientin gefragt, welches Statement hinter meinem Auftreten steckt. Mein Statement heisst „LECKT MICH ALLE AM ARSCH!“, hätte ich gerne geantwortet und habe nur gesagt, dass es keins gibt und ich mich so wohlfühle. Boah, wat bin ich langweilig, ey! Die Person hat mir erzählt, dass sie vom Land kommt. Dort ist mensch ja nicht viel gewohnt, habe ich trotzdem kein verständnis für.

14.30 Uhr Ich frage nochmals nach Kopfschmerztabletten, aber in meiner Akte steht immernoch nichts zur Bedarfsmedikation. Aber gute Nachricht, in 10 Minuten ist die Ärztin zu sprechen und wird dann von der Pflege angerufen. Hey, lasst euch Zeit. Meine Birne wird schon nicht platzen. Auch, wenn’s sich so anfühlt.

14.47 Uhr Toll. Mir wird jetzt auch noch schlecht. Die Kopfschmerzen werden migränig. Ich will pennen.

14.50 Uhr wollte nicht genau nach 10 Minuten auf der Matte stehen und bekomme jetzt tatsächlich eine Ibu, die jetzt auch nicht mehr viel bringt. Vielleicht wird’s dadurch nicht noch schlimmer.

14.51 Uhr Gute Nacht!