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Tag 51

Mittwoch, 31.05.2023 – Kulturtaschen-Punk

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, Schlafprobleme, Angespanntheit

Können Punks Kulturtaschen besitzen? Ist das dann noch true? Also, wegen Kultur und Punk. Das verträgt sich doch gar nicht. Ich habe keine Ahnung, aber seit gestern weiss ich auf jeden Fall, wie wichtig mir meine Kulturtasche ist. Diese habe ich nämlich am Montag zu Hause vergessen und konnte mir gestern Morgen nicht die Zähne putzen und mich rasieren. Oh! Putzen Punks sich überhaupt die Zähne? Oder geben es offiziell zu, dass sie es tun? Also putzen Punks sich heimlich die Zähne? Oder gar nicht? Bis zu welchem Schritt ist Punk dann noch Punk? Seitdem ein sehr guter Freund von mir, der Punk durch und durch ist, einen Golfarm hatte, glaube ich eigentlich auch mittlerweile an gar nichts mehr… Das ist Punk, das raffste nie!

6.00 Uhr Wir sind am Samstag umgezogen und haben so reingehauen, dass wir Fussball um 15.36 Uhr anmachen und schauen konnten. Dies steckt mir aber noch ganz schön in den Knochen. Ich will nicht aufstehen. Ich will pennen! Essen und trinken wäre auch noch akzeptabel. Kommt natürlich auch drauf an, um welche Speisen und Getränke es geht, aber ich gehe mal von schmackhaftem Zeigs aus. Da fällt mir ein: Denieren Punks Speisen und Getränke? Oder fressen Punks nur Pommes und trinken Hansa? Also zweiteres natürlich alkoholfrei, weil Queer Edge und so. Also nicht alle Punks, aber ein paar. Ach, lassen wir das.

7.00 Uhr mein neuer Bettnachbar ist voll nett und ich verstehe mich super mit ihm. Wir stehrn auch fast zur gleichen Zeit auf. Das passt ganz gut. Wir kommen uns auch nicht in die quere, wenn’s ums Zähne putzen geht. Weil ich ja Punk bin und nur zugucke, wie Normalos, Bürgis, etc. ihren Zähnen so etwas antun können. Also sich die Zähne putzen.
Ich kann jetzt endlich wieder meinen Tagesplan im Zimmer an meinem Tisch fertigmachen und brauche mich nicht ausm Zimmer schleichen. Find ich gut.

8.20 Uhr Wir stehen vorm Haus, in dem mehrere Kunst-Therapien stattfinden und rauchen uns noch eine. Wie jeden Morgen. Mittlerweile schmeckt’s mir gar nicht mehr und ich werde wohl zu meiner Entlassung am 06.06.2023 aufhören und kann mich dann wieder Queer Edge nennen. Beim Werken bin ich gerade dabei, die Beine so anzuspitzen, dass ich sie mit der Sitzfläche verbinden kann. Also reinstecken. Die Beine. In die Sitzfläche.

9.30 Uhr Jetzt schnell zurück zur Station und endlich rasieren. Das stressige daran ist, dass die Visite von Freitag auf heute verlegt wurde und ich mich für Freitag in einen der letzten Plätze eingetragen habe. Freitags habe ich erst Werken und im Anschluss bis 10.40 Uhr Musik. Mittwochs habe ich aber Werken und von 11.00 bis 12.00 Uhr Gruppentherapie. Die wollen mich jetzt in der letzten Woche ordentlich testen, ey. Als wenn es nicht reichen würde, dass der Feiertag am Montag die gesamte Woche kaputt macht. Okay. Ist ja eine gute Übung, da mir so etwas draussen ja auch passiert. ABER!
Ich hab’s aber geschafft, ohne mir das halbe Gesicht abzuschneiden, der übriggebliebene Bart ist auch okay und ich konnte noch in Ruhe einen Kakao trinken.

10.40 Uhr Letzte Visite hier für mich . Wir rekapitulieren nochmal die letzten 7,5 Wochen. Anfangs war ich sehr enttäuscht von mir extrem sauer auf mich, dass ich mal wieder in der Klappse gelandet bin. Ich dachte, ich bin momentan „besser“ aufgestellt und brauche das nicht, da ich gerade eine super Psychotherapeutin und einen BeWo-Betreuer habe. Die vorherigen Klinikaufenthalte habe ich auch in Frage gestellt. Jetzt weiss ich, dass jeder Aufenthalt wichtig war und mich zu der Person gemacht hat, die ich heute bin. Jeder verdammte Aufenthalt hat mir etwas gegeben. Und dieser hier genauso. Ich bin so froh, dass wir die Spannungskurve zusammen mit der Gefühlsliste täglich durchgehen. Auch meine Skills, die ich mir in den letzten Jahren erarbeitet habe, konnten wir verfestigen und es sind neue hinzugekommen. Die Depris sind nicht mehr so stark und die mit meinen Zwängen habe ich auch einen anderen Umgang gelernt. Gerade was das auf Fugen treten anbelangt, kann ich es jetzt ein wenig „ausleben“ und mir dadurch den Druck nehmen, der sich durch Fugen aufbaut und es baut sich weniger Druck gerade bei Fugen auf, bei denen es mir unmöglich ist, diese nicht zu treffen. Ist ein ungewohntes Gefühl, aber es tut mir gerade unglaublich gut.

12.00 Uhr In der Gruppentherapie konnte ich mich kaum konzentrieren. Ich war so fertig. Das ist gerade sehr anstrengend, aber ich weiss ja, wofür ich das Ganze mache. Jetzt erst einmal fuddern, 30 Minuten pennen und um 13.00 Uhr habe ich dann noch mein Einzelgespräch.

14.00 Uhr Auch im Einzel sind wir die Zeit in der Klinik und meine Vortschritte durchgegangen. Zum Thema Borderline sind wir 9 Anzeichen durchgegangen und wenn 5 davon zutreffen kann es sich höchstwahrscheinlich um eine Borderlineerkrankung handeln. wir kamen spontan auf 4. Der Therapeut wird im Abschlussbericht eine Tendenz zur Borderlineerkrankung aufnehmen, damit ich dies mit meiner Therapeutin nochmal durchgehen kann. Mal schauen. Aber zuerst werden wir mal das Zwangstagebuch etablieren, um zu schauen, welche Zwänge wie ausgebildet und belastend für mich sind.

15.00 Uhr schnarch…

17.00 Uhr Ich habe es zum ersten Mal überhaupt geschafft, auf dem Bett zu liegen und einfach „nur“ bewusst Musik gehört. Scheisse  gibt es geile Musik. Wir Menschen bekommen so gute Sachen hin. Das ist schon beeindruckend.

19.00 Uhr Mit der Pflege gehe ich noch kurz mein (Ent-)Spannungskurve durch und gehe im Anschluss noch spazieren.

21.00 Uhr 3 Kilometer sind’s geworden und jetzt sitze ich in der Cafèteria und mache mir eine Liste, bei welchen Unternehmen und Instutionen ich meine neue Adresse überall angeben will. Heute ist ein guter Tag. Und dass, obwohl mir der Feiertag die Woche kaputtgemacht hat. Ich habe es sogar geschafft, den Blog ein zweites Mal weiter zu führen, obwohl schon wieder neue Lücken entstanden sind. Gute Nacht! :-*

Tag 35

Montag, 15.05.2023 – Ich bin so Wissenschaftsaffin, ich höre sogar Mathcore

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, Sodbrennen, Schlafprobleme, Angespanntheit, Tierausbeutung, Rassismus

(Beitragsbild: eine Fotonahaufnahme eines Teils von einem Bandshirt der Mathcore-Band IWrestledABearOnce, auf dem Yoda aus Star Wars zu sehen ist und der Bandname in Yodas Sprache abgebildet ist: A Bear Once I Wrestled)

Meine Nacht war gar nicht gut. Sehr unruhig, oft wach geworden, lange gebraucht, um wieder einzuschlafen, zweimal aufs Klo gemusst und Sodbrennen. BAH! Gestern Abend erzählt mir mein Bettnachbar, dass er gerne Angeln geht und, dass er kein Rassist sei, aber mit bestimmten Arten von Ausländern nichts zu tun haben möchte. „Ist so’n persönliches Ding.“ Dat kannste dir nicht ausdenken. Also schon, aber das ist so passiert. Schwör!

7.23 Uhr Ich sitze alleine im Gemeinschaftsraum und warte auf die Morgenrunde. Heute kam ich echt schwer aus’m Bett. Gut, dass diese Woche Werken ausfällt. Das bedeutet Morgens weniger Stress, aber auch 4 Tage, in denen der Hocker nicht weiterbearbeitet wird.
G. meine Sitznachbarin beim Essen kommt rein und fragt nach einer Zeitung. „Die aktuelle Tageszeitung kommt immer mit dem Frühstück zusammen.“ sag ich. Daraufhin kramt sie in der Zeitungsablage und holt sich eine „Rute und Rolle“. Eine Angelzeitung. Wer die wohl dort abgelegt hat? Ich könnte wahrscheinlich auch Anglerzeitung schreiben, das weiss ich aber nicht. Vielleicht schaue ich mir den Scheiss mal an. Jetzt liegt hier schon Tierqual-Propaganda rum. Ich könnte ja auch mal eine Tierbefreiung, Graswurzel Revolution oder ein Antifaschistisches Infoblatt auslegen? Für den Skeptiker mache ich keine Werbung, nachdem in der GWUP so viel Kacke passiert ( #GWUPGate #NoABA #GegenTransfeindlichkeit )¹. Keine Ahnung, ob ich zum zweiten Mal dort austrete. Ich warte jetzt die Mitgliedsversammlung am 20.05.2023 ab, weil ich weiss, dass dort einige coole Leute hinfahren. Ich habe gerade keine Kraft dazu. Solidarische Grüsse an die coolen GWUPler*innen!

8.10 Uhr Beim Frühstück geht’s um den SodaStream und, dass die ein neues Anschlusssystem für die Gasflaschen haben, damit mensch keine Alternativen dort anschliessen kann und ob sich wohl bald die ersten kleinen Firmen an diesen Verschluss austoben. „Da machen die sich dann aber strafbar, wenn das patentiert ist!“ ArschlochTyp:“ Das ist den Chinesen egal!“ Puh! Ich habe mich innerlich auf eine Ansprache vorbereitet, seitdem er mit am Tisch sitzt. Aber während ich „schnell“ nochmal darüber nachdenke, wie ich das nochmal anspreche und was er zuvor noch alles von sich gelassen hat, haben die schon lange ein neues Thema. Ich musste auch noch drüber nachdenken, ob das Thema nicht zu „grauzonig“ für meine Ansprache beim ArschlochTypen ist. Nein, ist’s nicht, aber ich habe zu lange darüber nachgedacht. Verdammt! Das nächste Mal kommt bestimmt. Leider!

12.00 Uhr In der Gesprächsgruppe ging’s heute um Zwänge. Ich hätte da einiges zu beitragen können, aber jedesmal, wenn ich sagen wollte, dass ich für mich Ticks/Schrulligkeiten erst Zwänge nenne, wenn sie mich negativ beeinflussen, einschränken oder ähnliches, war jemand anderes schneller oder ich musste drüber nachdenken, ob ich mit diesem Satz anderen etwas abspreche. Ich will auch gar nicht so viel Platz einnehmen. Ich bin mir nicht sicher, was ich von der Runde halten soll. Sie war auf jeden Fall sehr aufwühlend. Nach dem Essen erst einmal eine Runde pennen mit lauten Bohrgeräuschen im Hintergrund. Die Klinik ist ja schon länger eine Baustelle. Beim Tinnitus ist der Vorteil, dass er durchgehend ist, das Bohrgeräusch macht mir zu viele Pausen und ist ja auch nachmittags fertig…

15.18 Uhr Ich warte in der Küche auf meinen Therapeuten, trinke einen Kaffee und spiele Schach auf dem Handy. Wir hatten uns für ab 15.00 verabredet und ich weiss nicht, in welchem Zimmer er gerade sitzt. Als er um die Ecke kommt, grinst er mich an und nickt mit dem Kopf. Ich mag ihn. Cooler und sympathischer Typ. Es geht um eine Verlängerung um 2 Wochen und um Migräne-Medis. Kurz und knapp: Wir denken beide, dass anhand der neu eröffneten Baustelle mit den Mikroaggressionen eine Verlängerung richtig wäre. Bezüglich der Medikation trage ich mich im Anschluss auf die Liste für die medizinische Sprechstunde an der grossen Orgatafel ein. Läuft…

17.55 Uhr Ich habe mich nach dem Gespräch aufs Bett gelegt und einfach nur Musik gehört. Ich hätte auch nichts gegen Schlafen gehabt, aber das war mal eine ganz neue Erfahrung. Ab 18.00 Uhr gibt’s Abendbrot.

18.30 Uhr Während ich auf die anderen warte, blättere ich die Anglerzeitung durch. Keine einzige weiblich gelesene Person. Eine Urmenschen-Zeitung, richtig schön oldschool. Harter Männersport für harte Männer! Angeln ist kein Sport, Angeln ist Tierquälerei und Mord. Ich bin dahingehend sehr extrem, aber ich kann und will mir nicht vorstellen, dass es den Lebewesen gut tut, mit einem Haken im Maul am eigenen Gewicht hochgezogen zu werden. Sorry! Bin da doch sehr voreingenommen. Ach so, und Mord ist’s ja auch noch. Selbst, wenn die Fische aus dem Wasser getragen würden. Auch dahingehend bin ich sehr voreingenommen…

18.50 Uhr Gerade ist die Stationsversammlung, bei der die Wochenjobs vergeben werden, vorbei und im Anschluss wird nochmal nachgefragt, ob es allgemeine Anmerkungen oder Wünsche gibt. Ich bin so stolz auf mich, dass ich einen kleinen Anfang geschafft habe, indem ich angesprochen habe, dass ich ständig in den Gemeinschaftsräumen die Lichter ausmache, wenn sich dort niemand aufhält und darum gebeten, dass alle mal darauf achten. Es gab entweder Zustimmung oder Enthaltungen. Naja, ist ja auch ein polarisierendes Thema. Ich habe den ersten Schritt geschafft. Apropos Schitte: Ich zwinge mich jetzt zu einem Spaziergang im Wald. Auch das habe ich ab Donnerstag schleifen lassen.

20.45 Uhr 40 Minuten gelatscht, mit R. telefoniert, noch eine gequalmt und jetzt ab ins Bett. Gute Nacht! :-*

Anny’s Ohrwurm des Tages:
Iwrestledabearonce – Danger in the Manger
https://youtu.be/o_6lI1t0qMM (Der keyboardspielende Hund ist der coolste!)
Wikipedia:
„Iwrestledabearonce (abgekürzt IWABO) war eine 2007 gegründete Mathcore-Band aus Shreveport, Louisiana, die beim deutschen Label Century Media unter Vertrag stand. Ihre Musik ist eine Mischung aus Jazz, Swing, Electronic und Deathcore. In ihrer Karriere veröffentlichte die Band eine EP und vier Alben. Iwrestledabearonce trennten sich im Jahr 2016.“

¹ GWUP-mässig kann hier nachgelesen werden, was da so los ist: https://mela.de/blog/2022/12/16/transfeindlichkeit-und-die-gwup/ (mit weiterführenden Links zum Thema ABA.)

Tag 6

Sonntag, 16.04.2023 – 2,3

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Behinderung, trans* Feindlichkeit, Tabakkonsum

Letzte Nacht konnte ich ganz schwer einschlafen. Das lag nicht nur am Umstand, dass ich mich verspätet habe. Jemand hat wieder geweint und zusätzlich hat mich der Tag total aufgewühlt. Es war so schön, gleichzeitig ist so viel los. Bevorstehender Umzug ab nächsten Monat und das Gefühl, dass ich R. alleine in diesem Chaos lasse. Ich werde 6 Wochen vom aktuellen Semester verlieren. Meine Rente läuft Oktober diesen Jahres ab und ich weiss nicht, ob ich wieder zum Amtsarzt muss.

Das war die Hölle für mich. Als ich 2018 die Rente beantragt habe, wurde diese abgelehnt, woraufhin ich Einspruch erhoben habe. Deswegen musste ich zum Amtsarzt. Dieser hat mich auseinander genommen, mich klein gemacht und ich habe mich auch noch total unterworfen. Danach war ich erst einmal nicht mehr zu gebrauchen. Deswegen habe ich einen Betreuer vom betreuten Wohnen beantragt. Ich gehe dort nie wieder alleine hin. Nie! Und was ist generell, wenn ich jetzt auf einmal keine Rente mehr bekomme? Das wäre echt uncool. Ich kann noch nicht wieder arbeiten gehen. Ich kann ja kaum einkaufen gehen, ohne , dass ich rumschreie oder beleidigend werde, bzw. jederzeit kurz vorm Explodieren bin. Ich hab Angst, das macht mich fertig. Kippchen? Jau! Und danach Mucke. Und rasieren. Und frühstücken. 2,3 Yeahi!

8.40 Uhr Musik beruhigt ungemein! R. schreibt mich gerade an, als ich fertig bin mit dem Frühstück. Dann mal eben abmelden… Im Fenster des Pflegepersonalraumes hängt wieder der Zettel „Bin gleich wieder da!“. Im Nebenraum wird umgeräumt, also ab zur Tür nebenan. An der hängt der Zettel „Bitte nicht stören, Gespräch (oder Therapie oder so ähnlich)“. Es hört sich nicht nach einer Unterredung an und wenn dies tatsächlich eins ist, fliegen dort ordentlich die Fetzen. Was mache ich jetzt? Ich kann da nicht anklopfen und hoffe, dass die Person zwischendurch mal um die Ecke schaut. Nach ca. 10 Minuten warterei, in denen sich immer mehr Druck aufbaut, kommt die Pflegerin rum: Warum klopfen Sie den nicht?“ Weil ich das respektieren möchte und muss, dass Sie nicht gestört werden will. Es ist so angezeigt. Natürlich habe ich mich gefragt, ob das Schild an der Tür vom letzten Gespräch dort noch hängt, aber ich bin gestern schon negativ aufgefallen. Wenn ich da jetzt etwas falsch mache, baut sich da zu viel auf einmal auf und ich werde noch unsicherer. Dann warte ich lieber. Damit kann ich erst etwas kaputt machen, wenn R. schon auf mich wartet, aber solange ich die Zeit habe, investiere ich diese dann halt und überlege bei Bedarf neu. Das Ende vom Lied ist, dass ich abhauen darf. Natürlich habe ich mich nochmal für gestern entschuldigt. „Wenn Sie das jetzt nicht erwähnt hätten, wäre es gar nicht aufgefallen!“ Das ist nicht Sinn der Sache und ausserdem werde ich das auch in der ersten Therapiesitzung ansprechen, dass mich so etwas Tage verfolgt und ich die nächsten Beurlaubungen wahnsinnig unter Druck stehen werde. Ausserdem will ich das geklärt haben.

9.30 Uhr noch eine ins Gesicht stecken und auf R. warten. Dieses Mal bin ich vom Frühstück so satt, dass ich kein zweites Frühstück zelebriere, aber Kaffee trinke, während R. frühstückt.

12.00 Uhr Wir haben’s tatsächlich geschafft, ein wenig für den Umzug umzuräumen und Kisten zu packen. Mein Kleiderschrank ist jetzt schon leer, dafür habe ich ja jetzt einen in der Klinik.

13.30 Uhr Zusammen mit anderen Punks St. Pauli in einer Cafè-Bar in Dortmund gucken. Puh! Ich dachte echt, das Spiel wird besser als das gestrige vom BVB. Fussballtechnisch kein gutes Wochenende.

16.30 Uhr Schön noch ein wenig kuscheln, Nussecken und Kuchen futtern und dabei in das Spiel Bremen gegen Freiburg reinschauen. Vielen Dank für dieses schöne Wochenende, liebe R.! :-*

18.30 Uhr Wenn mein Bettnachbar mir nicht Bescheid gesagt hätte, hätte ich beinahe auch noch die Stationsversammlung verpasst. Die Therapeutin ist sauer, weil mindestens 3 Leute zu spät zurückkamen. Das gab vor versammelter Mannschaft nochmal ’ne Ermahnung für alle. Und wegen gestern wurde ich extra erwähnt und angesprochen. Vielen Dank. Das habe ich gebraucht. Als wenn ich mir so nicht schon genug Vorwürfe machen würde. Natürlich kann sie nicht wissen, wie’s in meiner Birne aussieht, aber das ist doch schon längst geklärt gewesen. Ich habe es doch schon angesprochen. Gut, ich hätte den Ernst der Lage genauer ansprechen sollen. Dies habe ich dann in der Runde gemacht, in der wir kurz unser Wochenende zusammenfassen sollten. Sie hat mir dann mehrmals gesagt, dass ich mir keinen Kopp machen soll, da das ja auch meine erste Woche ist. Das weiss ich auch. Habe ich ja selbst auch so gesagt.

19.30 Uhr Draussen machen zwei Menschen lärm. Sie schreien beide mit krächzenden Stimmen unverständliches Kauderwelsch und werden immer lauter, unverständlicher und aggressiver. Ich will doch einfach nur pennen… Gut, dass ich meine Kopfhörer eingepackt habe und jetzt auch zum schlafen Mucke hören kann.

Tag 4

Freitag, 14.04.2023 MillernTon

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, missgendern, trans* Feindlichkeit, Sodbrennen, Schlafprobleme, Angespanntheit

6.00 Uhr Sehr unruhige Nacht gehabt. Und Sodbrennen. Keine Ahnung, warum. Die Drittel Tüte Flips kann es ja nicht gewesen sein…

7.30 Uhr Wieder eine kurze Morgenrunde. „Mein gestriges Highlight war das Cappuccino-trinken mit R. und das ich meine Schlappen endlich habe. Meine Nacht war wie immer unruhig und anstrengend. Ich freue mich heute tatsächlich auf die Visite, weil dann ein paar Fragen beantwortet werden.“ Frage mich, warum es wichtig ist, dass wir den Sprecher*innen-Ball zuwerfen und nicht geben sollen. Ich hasse das!

8.00 Uhr wieder verspätetes Frühstück und ich steh sofort unter Druck, weil wir um 8.15 Uhr losgehen zum Werken. Mir ist bewusst, dass die Küche nicht nur uns beliefert, aber diese Situation macht mir den Tag nicht einfacher. Ausserdem ärgere ich mich immernoch sehr über meinen Tablett-Fopaux. Das wegbringen des Tabletts hat mir so schon genug Stress bereitet, aber jetzt ist es um einiges schlimmer.

10.00 Uhr Das Werken war wieder super. Der Betreuer ist auch voll Sympathisch. Ich habe mich zwischendurch auch schon gefragt, wie teuer wohl so ein gebrauchter Werktisch ist. Meine Mitpatientin hatte schonmal geschaut. Ab 79,-€. Hoa! Interessant!

10.15 Uhr Der Druck steigt erst jetzt, aber dafür ins Unermessliche. Scheiss wichtige Termine! Ganz vergessen was für einen Druck ich bei solchen Terminen immer verspüre. BAH!

12.00 Uhr Dass Mensch ein wenig warten muss, ist klar. So lange hat sich dass wohl auf dieser Station aber noch nie hingezogen. Ich war für 10.45 Uhr eingetragen. Wenigstens bin ich ab 10.30 Uhr zu den Wartenden gegangen und hatte ein paar gute Gespräche. Mit wem? Dem neuen Schlacker, der gestern angekommen ist. Langsam wird’s peinlich… Er hat sich erst gar nicht getraut, sich dahingehend zu outen, weil er schon öfters einen drauf bekommen hat. Weil er Fan eines bestimmten Vereins ist. Das ist Fussball! Typensuppe! Thesto! Riesige, enorme…

Auswärtsfahrten.Ich war von ca. 2009 bis 2012 aktiv in der Fanszene Dortmund. Dies war der Beginn, meiner politischen Karriere. Irgendwann habe ich mich gefragt, warum ich soviel Zeit und Geld in ein Unternehmen investiere, welches Millionen macht. 2012 kamen dann die zwei Schlaganfälle und ich habe mich langsam vom Fussball weg hin zum Tierrecht entwickelt. Das war eine sehr gute und auch wichtige Zeit. Ich trauere doch aber auch seit Jahren meiner Dauerkarte für Block 13 auf der Südtribüne nach. Vor allem, weil sie jetzt der damalige Mann meiner Cousine hat. Pfui! Egal. Diese Entwicklung war schon gut. Seit 2 Jahren bin ich jetzt wieder aktiv und das deutschlandweit. Vor allem für trans* Menschen in den Stadien, aber auch gegen jede Art der Diskriminierung in und um den BVB und deutschlandweit. Das macht Spass. Ist aber auch mit sehr vielen Privilegien und Kontakten verbunden. Fühlt sich manchmal schon komisch elitär an. Das ist wohl auch der Reiz daran.

17.00 Uhr AAAAH! Ich wollte nur eine Stunde pennen und daraus sind dann 3 geworden.

Oh, kacke! Ich habe Debbie vom MillernTon-Podcast bzw. „Female St. Pauli Stories“-Podcast fast vergessen. Schnell einen Lebenslauf zusammenpasten (wird ausgesprochen: zusammenpäisten) und ab dafür. Dieses Jahr sind schon einige Anfragen reingekommen. Auf das Interview mit Debbie zum Thema „trans* Fussballfans“ freue ich mich ganz besonders. Langsam fühle ich mich auch in der Fanszene von St. Pauli heimisch. schwarzgelbbraunweisse Liebe halt

18.00 Uhr Jetzt gibt’s das Freitagabend-Gemeinschaftsessen. Wenn Anfang der Woche die Wochenämter vergeben werden, gibt es zwei oder mehr Menschen (Uh, schon lange nicht mehr „Meermenschen“ von Moop Mama gehört), die für alle kochen. Heute gab’s Spaghetti Bolognese. Eine normale Pfanne mit gutem Fleisch und eine vegane. Boah, war das lecker.

19.00 Uhr Eine quartzen und wieder ein sehr gutes Gespräch mit dem Schalker (Ich werde langsam weich und benutze das böse Wort mit Sch) geführt. Da ich auf meiner Jacke einen „Stay queer, stay Rebel“-Aufnäher habe, hat er gefragt, ob ich den „nur“ aus solidarität habe oder ob da mehr dahintersteckt. (HAH! Welches Statement! Ich muss immernoch darüber lachen!) Nach meinem Outing hat er sich erst einmal nach meinen Pronomen erkundigt. Das war sehr schön. Vielleicht schaffe ich es heute noch, mich bei meinem Bettnachbarn zu outen. Ich weiss, er ist cool, aber irgendwie gibt es nie einen perfekten Zeitpunkt. Als wenn es diesen überhaupt geben kann…

20.25 Uhr Post feddich machen Schoki futtern und ne Runde Schach gegen den PC, also einer App und gegen den Computer. Auf dem Handy. Ihr wisst schon. Ich schreibe „Ihr“, weil mehr als zwei Leute behaupten, dass sie mein Zeugs lesen.

20.25 Uhr und 55 Sekunden Gute Nacht! Sodbrennen verpiss dich! Äh, komm gar nicht erst an!

Tag 3

Donnerstag, 13.04.2023 vermatscht

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, missgendern, Migräne

6.30 Uhr Vermatscht aufstehen. War wohl nicht genügend Schlaf… Erst einmal eine drehen und an die frische Luft gehen. Kaffe ist auch gut. Heute Nachmittag bekomme ich Hafermilch von R. geliefert. Keine Ahnung, worüber ich mich mehr freue. Doch, hab ich. Oder? Mhmm…

7.30 Uhr Kurze Morgenrunde „Ich habe gar nicht gut geschlafen, weil ich ab Mittag Migräne und den halben Tag verpennt habe. Auf’s Frühstück freue ich mich.“

8.00 Uhr Zwei Brötchen, drei verschiedene Marmeladen und schon wieder Honig. Wenn die Person(en) mir das schon zum Frühstück geben, will ich gar nicht wissen, was alles so unveganes im Mittagessen steckt… Hah! „Welches Statement hinter meinem Aussehen steckt!“ Ich lach mich immer noch kaputt!

8.15 Uhr Erst einmal das Tablett beim wegstellen mit einem lauten klirren auf den Boden fallen lassen. Alles voller Scherben. Das ist wohl allen schonmal passiert. Das ist auch okay, aber nicht, dass es mir passiert. Das geht gar nicht. „EY ANNY! Merkste selber, ne?“

8.30 Uhr Endlich wieder Werken. Hab voll Bock auf den Hocker, den ich bastle. Ich war schon in einigen Kliniken und Handarbeit habe ich immer gehasst. Hier habe ich total Böcke drauf und habe jetzt Angst, mich wieder überanzustrengen (ist das ein Wort? Also, ein richtig echtes?). Ich will nicht wieder Migräne bekommen. Mann ey!

10.00 Uhr Total verschwitzt und zufrieden erst einmal rasieren und duschen. Für heute scheine ich nichts mehr zu haben. AUCH KEINE MIGRÄNE! Hörst du!?!

11.30 Uhr Und, mit wem verstehe ich mich hier am besten? Genau. Mit dem Schlackefan. Voll gut gerade über lesbische Ehen (sie), das gendern generell gequatscht und mich bei ihr geoutet. Einfach toll. Naja, ausser, dass sie Fan von so einem Verein ist, aber da kann ja niemand etwas für. Ausser Schlackefans, die machen das extra! Vor 10 Jahren hätte ich tatsächlich nicht mit ihr geredet, weil ich das ein ganz klein wenig zu ernst genommen habe mit der Feind*innenschaft. Boah, bin ich ein hochnäsiges Arschloch gewesen. Die gute, alte Zeit…

12.10 Uhr Zum Mittag gab es Nudeln Bolognese, Selerie-Krautsalat (nenne ich es einfach mal) und eine Pflaume. Kann mich nicht beschweren. Mist!

13.00 Uhr Eine geraucht und auf dem Rückweg habe ich mich in den Klinikladen getraut. Ich bekomme zwar nachher Schoki und Co., aber das wird bei mir nicht schlecht. 7 Euronen und ein paar Kaputte für eine Tafel Schoki, ein Päckchen Plätzchen und eine kleine Flasche Fritz-Kola (ist das Unternehmen oder sie Besitzer nicht negativ aufgefallen? Irgend etwas uncooles war doch da.)

13.05 Uhr Mhmmm Schoki und Kola! 🙂 Wenn es etwas gibt, was ich aus meinem Tagesklinik-Aufenthalt 2018 in Wuppertal gelernt habe, dann ist’s Genuss. Ausser bei Schoki. Die inhaliere ich. Ich nehme mir immer vor, auch Schoki zu geniessen, aber das merke ich erst nach der Tafel.

15.00 Uhr R. war da und hat mir meine Schlappen und Schluckerzeugs gebracht. Wir haben noch im Klinik-Cafè zwei Cappuccinos gesüppelt und draussen eine geraucht. Das war so schön! Beim Taschepacken vorm Klinikgang habe ich eine Badehose eingepackt, aber keine Flip Flops und Hausschuhe. Das war schon ein wenig eklig, Barfuss die paar Schritte zum Zimmer zu latschen und nervig andauernd mit den Strassenschuhen rumzulaufen, aber diese Zeiten sind jetzt vorbei.

17.00 Uhr Letztes WE habe ich mir über ebay das ST. Pauli-Jubiläumsbuch bestellt. Dieses habe ich schon länger im Auge, aber es war mir immer zu teuer. Also gebraucht zu teuer. Soweit ich kann, kaufe ich seit ca. 5 Jahren alles Second Hand, ausser Unterbuchsen und Socken. Keine Ahnung, warum ich dabei so spiessig bin. Jetzt erst einmal ein wenig lesen.

18.00 Uhr Ich versuche seit ungefähr zweieinhalb Stunden an Schmerztabletten zu kommen, aber das Pflegezimmer ist nicht besetzt. Langsam wird der Druck im Kopf stärker. Vielleicht sollte ich mich vor die Tür legen, damit ich die Person nicht mehr verpasse…

18.10 Uhr Abendbrot war gut. Ich habe jetzt Schoko-Creme.

18.45 Uhr Ich habe endlich eine Ibu bekommen und gleich sogar ein Gespräch mit meiner Bezugspflege. Ich glaube, ich bin ihr zuvor gekommen. Ich habe nämlich gefragt, wer meine BP ist und sie sagte dann „Ja, ich wollte eh noch auf sie zukommen. Wir können gleich das Erstgespräch halten.“. Jau du, machen wa.

20.15 Uhr War ein gutes Gespräch. Es ging darum, worauf wir hier den Fokus legen möchten. Ich habe mich für Antrieb, meine kurze Zündschnur und Achtsamkeit entschieden. Ist echt kacke, wenn Mensch so viele Baustellen hat.

22.00 Uhr Gute Nacht. Endlich wieder pennen…

Tag 1

Dienstag, 11.04.2023 Erst einmal eine ins Gesicht stecken

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Depressionen, Zwänge, Borderline, Ängste), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, missgendern, Corona

8.30 Uhr: An der Eingangstür hängt ein Schild mit der Bitte das Krankenhaus ausschliesslich mit Maske zu betreten. Hält sich niemand dran. Naja, vereinzelte, an einem Finger abzählbare Personen schon. Ich will wieder weg!

8.30 Uhr: Ich stehe vor der Patient*innenaufnahme und warte auf Einlass. Es hat sich nur eine Person (unwissentlich) vorgedrängelt, da ich bei Tür 2 gewartet habe, wie es auf dem Aushang steht. Dass Mensch trotzdem auch Tür 1 benutzen sollte, da Tür 2 wohl gar nicht besetzt ist, war nirgends zu lesen. Ich will rauchen! Und weglaufen!

9.00 Uhr und ich sitze auf der Station, warte auf Ansprechpersonen und wurde innerhalb von 30 Minuten nur einmal als „junger Mann“ betitelt. In der Theorie und bei der Aufnahme gibt sich die Klinik Mühe, was das Gendern angeht, aber in der Praxis hapert es an vielen einzelnen Personen, die damit (noch) keine Berührung hatten. Ich will quartzen! Und weglaufen! Und schlafen!

9.25 Uhr: Eine Ansprechperson kommt vorbei und fragt mich, wie ich angesprochen werden möchte. Ich weiss, es ist nicht leicht, mich einfach nur mit meinen Vor- und Nachnamen anzusprechen, aber es ist Gewohnheit und das ist auch nicht zu viel verlangt. Mein Zimmer ist noch nicht fertig. Ich will auch gar nicht in das Männerzimmer, aber was soll ich machen? Keine Hilfe ist gerade keine Option. Ich habe wahnsinnig Durst konnte aber nur ein „Nein, Danke“ rausquetschen, als mir von einer Mitpatientin Wasser und Kaffee angeboten wurde. Was würde ich jetzt für etwas zu Trinken geben. Keine Wörter auf jeden Fall! Soviel weiss ich. Schon lange keine mehr im Gesicht stecken gehabt… Während ich wenigstens alleine im sogenannten Wohnzimmer sitze, habe ich ordentlich Zeit zum Nachdenken. Mit wie vielen Typen muss ich mir wohl mein Zimmer teilen? Wie viele Macker innerhalb der Klinik werden sich von mir in ihrer Männlichkeit bedroht fühlen? Werden TERFs anwesend sein? Werde ich anthroposophische „Behandlungen“ ausprobieren müssen? Und, wenn ich diese verweigere, werde ich dann sofort als engstirnig, voreingenommen oder sonstiges abgestempelt? Ich mache es ja allen schon eh schwer genug, weil ich nichtbinär bin. Und, wie mache ich das mit dem Maske tragen? Ich bin ja auch noch risikogruppenangehörig und habe keine Böcke auf Covid-19. Ach Anny, du bist so tapfer! Am Arsch, ey! Ich will rauchen! Und jemanden anschreien! Am besten, ich hau ab!

9.50 Uhr: Jetzt kommense langsam alle hervor. So, wie es aussieht, werde ich mit einer weiteren Person auf dem Zimmer sein. Diese wirkt nett. Hier bin ich jetzt aber auch die einzige Person mit Maske. Fast jede Person, die mit mir quatscht, sagt mir, dass ich die Maske abnehmen kann. Nur, wenn ich möchte natürlich. Sollte ich vielleicht auch machen. Spätestens auf meinem Zimmer, beim gemeinsamen Essen oder beim Sport werde ich eh keine mehr aufhaben. Hau ab! Allein aus Prinzip lasse ich den Scheiss jetzt auf! Nur noch 6 Wochen…

10.00 Uhr: Es ist mir zwar total unangenehm, meine Kopfhörer aufzusetzen, aber Musik hilft mir fast immer. Das tut gut. Um in letzter Zeit nach draussen und unter Menschen gehen zu können, habe ich nicht nur Musik auffe Ohren, sondern auch zwei Apps im Hintergrund geöffnet. In der einen geht es um Stresstraining und Methodenkoffer, in der anderen ist eine SOS- Meditation geöffnet und stehts griffbereit. Ich möchte niemanden anschreien. Auch Arschlöcher nicht!

10.35 Uhr: Ich habe mich in meinem Zimmer eingerichtet, mir wurde die Station gezeigt und Blut abgenommen. Als nächstes kommt das Vorgespräch und das war es dann auch für heute. Jetzt könnte ich rauchen, aber ich habe Angst, dass die Ärztin genau dann bereit ist. Wenigstens habe ich jetzt was getrunken. Das Essen wird auch lustig. Auch da verlange ich eine Extrawurst. Eine vegane. Ich will hier für Veganismus genauso wenig Werbung machen, wie fürs Rauchen oder Anthroposophie, aber das ist (gerade) mein Leben, diese Klinik ist für mich zuständig und länger warten für eine andere Klinik ist gerade keine Option. Zurück zum Veganismus. Ich bezeichne mich als antivegan eingestellte*r Veganer*in. Dieses „Veganismus ist die Antwort auf alles böse!“ geht mir auf den Zeiger. Ausserdem ist Veganismus Privilegierte Kackscheisse. Das musst du dir erst einmal leisten können und dabei geht es nicht ausschliesslich um die Geldfrage. Es gibt Menschen mit Essstörungen oder andere Erkrankungen, die das Mahl bestimmen. Oder, wenn du genug mit irgendwelchen Diskriminierungen zu tun hast, kannst du dich vielleicht nicht mit (nichtmenschlichem) Tierleid beschäftigen. Blablabla…

11.00 Uhr: medizinische Untersuchung, nette Person

12.00 Uhr: Mittagessen, 7 warme Salzkartoffeln, Damit habe ich schon gerechnet. Viele solcher Grossküchen sind am ersten Tag überfordert. Wenigstens habe ich jetzt etwas im Magen und kann meine Tabletten nehmen, die ich mir eigentlich nachm Frühstück reinpfeife.

12.30 Uhr: Eine kurze Aufnahme vom Pflegepersonal und danach kommt noch die psychologische Aufnahme und dazwischen immer wieder warten und auf Abruf bleiben. Gut, dass ich mittlerweile ein kleines Buch für die ambulante Therapie habe, in dem ich sämtliche Auffälligkeiten, aufgeteilt in Depressionen und Zwänge, aufschreibe. Wenn ich bei Erstgesprächen erklären soll, wie sich die Depris und die Zwänge bemerkbar machen, fällt mir nichts ein. Das ist so peinlich und ärgerlich. Dass ich alles ablese und meine Sammlung präsentiere fühlt sich zwar auch komisch an, aber irgendwas ist halt immer.

13.00 Uhr: Hab noch Mittagessen nachbekommen, Graupen mit Gemüse und Sosse. War lecker. Mein Bettnachbar hatte mir nach dem Mittagessen zwei Hanuta ans Bett gelegt. Netter Typ. Wir haben uns auch schon ein wenig beschnuppert. Passt.

14.00 Uhr Die Psychologin musste unser Gespräch nach Punkt 1 von 3 abbrechen und meldet sich später nochmal. Ich hätte nachfragen und es mir aufschreiben sollen, aber ich war zu feige nochmal nachzufragen, ob es heute noch was wird. Also wieder auf Abruf bleiben und sich Gedanken machen, ob ich etwas falsch verstanden habe.

18.00 Uhr Abendbrot, nette und leckere Zusammenstellung, die auch noch satt macht. Die Psychologin wird wohl erst am Donnerstag wieder auf mich zukommen, weil sie morgen nicht da ist. Rauchen? Kein Bock!

18.52 Uhr Gute Nacht! :-*