Tag 4

Freitag, 14.04.2023 MillernTon

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, missgendern, trans* Feindlichkeit, Sodbrennen, Schlafprobleme, Angespanntheit

6.00 Uhr Sehr unruhige Nacht gehabt. Und Sodbrennen. Keine Ahnung, warum. Die Drittel Tüte Flips kann es ja nicht gewesen sein…

7.30 Uhr Wieder eine kurze Morgenrunde. „Mein gestriges Highlight war das Cappuccino-trinken mit R. und das ich meine Schlappen endlich habe. Meine Nacht war wie immer unruhig und anstrengend. Ich freue mich heute tatsächlich auf die Visite, weil dann ein paar Fragen beantwortet werden.“ Frage mich, warum es wichtig ist, dass wir den Sprecher*innen-Ball zuwerfen und nicht geben sollen. Ich hasse das!

8.00 Uhr wieder verspätetes Frühstück und ich steh sofort unter Druck, weil wir um 8.15 Uhr losgehen zum Werken. Mir ist bewusst, dass die Küche nicht nur uns beliefert, aber diese Situation macht mir den Tag nicht einfacher. Ausserdem ärgere ich mich immernoch sehr über meinen Tablett-Fopaux. Das wegbringen des Tabletts hat mir so schon genug Stress bereitet, aber jetzt ist es um einiges schlimmer.

10.00 Uhr Das Werken war wieder super. Der Betreuer ist auch voll Sympathisch. Ich habe mich zwischendurch auch schon gefragt, wie teuer wohl so ein gebrauchter Werktisch ist. Meine Mitpatientin hatte schonmal geschaut. Ab 79,-€. Hoa! Interessant!

10.15 Uhr Der Druck steigt erst jetzt, aber dafür ins Unermessliche. Scheiss wichtige Termine! Ganz vergessen was für einen Druck ich bei solchen Terminen immer verspüre. BAH!

12.00 Uhr Dass Mensch ein wenig warten muss, ist klar. So lange hat sich dass wohl auf dieser Station aber noch nie hingezogen. Ich war für 10.45 Uhr eingetragen. Wenigstens bin ich ab 10.30 Uhr zu den Wartenden gegangen und hatte ein paar gute Gespräche. Mit wem? Dem neuen Schlacker, der gestern angekommen ist. Langsam wird’s peinlich… Er hat sich erst gar nicht getraut, sich dahingehend zu outen, weil er schon öfters einen drauf bekommen hat. Weil er Fan eines bestimmten Vereins ist. Das ist Fussball! Typensuppe! Thesto! Riesige, enorme…

Auswärtsfahrten.Ich war von ca. 2009 bis 2012 aktiv in der Fanszene Dortmund. Dies war der Beginn, meiner politischen Karriere. Irgendwann habe ich mich gefragt, warum ich soviel Zeit und Geld in ein Unternehmen investiere, welches Millionen macht. 2012 kamen dann die zwei Schlaganfälle und ich habe mich langsam vom Fussball weg hin zum Tierrecht entwickelt. Das war eine sehr gute und auch wichtige Zeit. Ich trauere doch aber auch seit Jahren meiner Dauerkarte für Block 13 auf der Südtribüne nach. Vor allem, weil sie jetzt der damalige Mann meiner Cousine hat. Pfui! Egal. Diese Entwicklung war schon gut. Seit 2 Jahren bin ich jetzt wieder aktiv und das deutschlandweit. Vor allem für trans* Menschen in den Stadien, aber auch gegen jede Art der Diskriminierung in und um den BVB und deutschlandweit. Das macht Spass. Ist aber auch mit sehr vielen Privilegien und Kontakten verbunden. Fühlt sich manchmal schon komisch elitär an. Das ist wohl auch der Reiz daran.

17.00 Uhr AAAAH! Ich wollte nur eine Stunde pennen und daraus sind dann 3 geworden.

Oh, kacke! Ich habe Debbie vom MillernTon-Podcast bzw. „Female St. Pauli Stories“-Podcast fast vergessen. Schnell einen Lebenslauf zusammenpasten (wird ausgesprochen: zusammenpäisten) und ab dafür. Dieses Jahr sind schon einige Anfragen reingekommen. Auf das Interview mit Debbie zum Thema „trans* Fussballfans“ freue ich mich ganz besonders. Langsam fühle ich mich auch in der Fanszene von St. Pauli heimisch. schwarzgelbbraunweisse Liebe halt

18.00 Uhr Jetzt gibt’s das Freitagabend-Gemeinschaftsessen. Wenn Anfang der Woche die Wochenämter vergeben werden, gibt es zwei oder mehr Menschen (Uh, schon lange nicht mehr „Meermenschen“ von Moop Mama gehört), die für alle kochen. Heute gab’s Spaghetti Bolognese. Eine normale Pfanne mit gutem Fleisch und eine vegane. Boah, war das lecker.

19.00 Uhr Eine quartzen und wieder ein sehr gutes Gespräch mit dem Schalker (Ich werde langsam weich und benutze das böse Wort mit Sch) geführt. Da ich auf meiner Jacke einen „Stay queer, stay Rebel“-Aufnäher habe, hat er gefragt, ob ich den „nur“ aus solidarität habe oder ob da mehr dahintersteckt. (HAH! Welches Statement! Ich muss immernoch darüber lachen!) Nach meinem Outing hat er sich erst einmal nach meinen Pronomen erkundigt. Das war sehr schön. Vielleicht schaffe ich es heute noch, mich bei meinem Bettnachbarn zu outen. Ich weiss, er ist cool, aber irgendwie gibt es nie einen perfekten Zeitpunkt. Als wenn es diesen überhaupt geben kann…

20.25 Uhr Post feddich machen Schoki futtern und ne Runde Schach gegen den PC, also einer App und gegen den Computer. Auf dem Handy. Ihr wisst schon. Ich schreibe „Ihr“, weil mehr als zwei Leute behaupten, dass sie mein Zeugs lesen.

20.25 Uhr und 55 Sekunden Gute Nacht! Sodbrennen verpiss dich! Äh, komm gar nicht erst an!