Wochenende Nr. 5

Samstag und Sonntag, 13. + 14.05.2023 – 666 That’s the Number of my Chess-Points

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, Schlafprobleme, Angespanntheit

(Beitragsbild: Screenshot aus der Chess.com-App – auf der unteren Hälfte sind die obersten 2 Reihen eines Schachbretts mit mehreren weissen Schachfiguren zu sehen, in der oberen ist ein fast voller Ladebalken und dort drüber die Zahl 666 zu sehen)

Ker, wat ein produktives Wochenende, ey. Gestern viel in der neuen Wohnung geschafft und heute in der alten. Wir haben gestern sogar zum ersten Mal in der neuen Wohnung geschlafen. Schön, im Bett Fussball geguckt, bzw. während dessen eingeschlafen. Dortmund habe ich halbwegs noch mitbekommen, St. Pauli leider gar nicht mehr. Meine Nacht war auch wieder einmal sehr unruhig und R. hatte dadurch eine sehr kurze. Ich war heute Morgen allerdings nicht ganz so gerädert.

Samstag

7.00 Uhr Warum sollte ich heute um 6.30 Uhr oder so aufstehen? Da bleib ich lieber noch ein wenig liegen. Mein Bettnachbar bleibt mir aber zu lange liegen, weswegen ich dann doch eher als er aufstehe. 7 reicht aber völlig. Wir haben’s ja abgemacht, dass ich das Licht in der Waschbeckenecke anmachen kann. Ganz gemütlich Zähne putzen und danach duschen gehen. Danach habe ich dann noch genügend Zeit, meinen Wochenendplan zu kontrollieren und auszufüllen. Einen gemütlichen Kaffee kann ich auch noch dazu trinken.

7.45 Uhr Der Wagen mit den Frühstücktabletts steht schon bereit. Cool! Dann verteile ich mal das Zeugs. Ich bin schon bal in meiner sechsten Woche und kann mir immernoch nicht alle Namen und die Sitzplätze merken. Und das, obwohl ich jeden Morgen das Essen verteile. Egal, gibt wichtigeres! Zum Beispiel futtern. Während ich die Tabletts verteile, fällt mir auf, dass es sein kann, dass sich am Wochenende alle selbst die Tabletts aus dem Wagen nehmen, weil nicht alle bis zum Frühstück hier sind. Verdammt! Was mache ich denn jetzt? Ich habe die Verantwortung für das Zeugs übernommen, als ich’s verteilt habe! Noch hat mich niemand gesehen. Ich könnte sie wieder zurückstellen, aber, wenn mich dann jemand damit sieht, dann wird’s peinlich. Ich könnte auch einfach nachfragen, aber, wenn mir dann gesagt wird, dass die Tabletts nicht verteilt werden, kann ich die eine hälfte nicht einfach so stehen lassen und es gibt Zeugen. Einfach weglaufen wäre das einfachste, aber ich will frühstücken! Puh. Einfach jetzt hinsetzen und so tun, als wenn ich den halben Tisch nicht gedeckt habe? Was ist, wenn das aber schon jemand mitbekommen hat? Dann muss ich nachher Rede und Antwort stehen. Ich ziehe das jetzt durch und mache den Tisch fertig.

7.50 Uhr Ich sitze am fertiggedeckten Tisch und esse in Ruhe. Was ist, wenn das doch jemand mitbekommen hat? Das lässt mich nicht in Ruhe. Mal schauen, was die Leute sagen, wenn sie hier reinkommen, dann kann ich immernoch spontan darauf reagieren. Vielleicht tue ich doch einfach so, als hätte ich den Tisch schon so vorgefunden… Die sind alle noch so verballert, dass es den meisten gar nicht auffällt, was hier passiert ist. Dann kann ich ja beruhigt weiterfuttern. Oder? Ich mach einfach. Keine Ahnung, wie ich nächstes Wochenende damit umgehe. Muss ich mir auch jetzt noch keine Gedanken drüber machen. Das ist das Problem des*der zukünftigen Anny’s.

8.30 Uhr Und Tschüss!

Sonntag

17.50 Uhr Ich laufe schnellen Schrittes und voller Angst davor, doch zu spät zu sein zum Pflegebüro. „Hallo, ich wollte mich zurückmelden!“ „Hallo, Anny Nachname, schön Sie zu sehen.“ „Danke, dito!“ Puh, alles gut. 18.00 Uhr ist richtig und ich bin nicht zu spät. Jedesmal die gleiche Scheisse. Aber, was ist, wenn es einmal anders läuft und ich bekomme das nicht mit? Das macht mich fertig. R. hat mir im Auto auch schon gesagt, dass ich nicht zu spät dran bin, aber, wenn das so einfach wäre, wäre ich nicht öfter mal in der Klappse. Vielleicht kann ich auch da mal dran arbeiten, aber bei den ganzen Baustellen, bin ich froh, wenn wir irgendwas abgearbeitet bekommen. Gefühlt ist andauernd etwas Anderes im Vordergrund und benötigt aufmerksamkeit. Ich bin aber sehr froh, dass wir hier und jetzt den inneren Druck und mein Problem mit den Ansprechen von Scheisse, ohne, dass ich in die Luft gehe, anschauen. Das scheint es auf jeden Fall schon sehr nötig zu haben. Oder ich. Oder wir. Also, das Problem und ich. Also, du weisst schon…

18.30 Uhr Alle Taschen sind aus- und Schrank ist eingeräumt. Ich liege aufm Bett und schachte ne Runde. Plötzlich geht der Gong. Kacke! Beinahe zu spät zur Wochenendrunde gekommen. Ich war aber nicht die einzige und letzte Person, weswegen der Gong wohl auch benutzt wurde. Die Runde ist kurz und schmerzlos, da wir 1, 2 positive Sachen vom Wochenende erzählen und kurz unsere Nacht ansprechen sollen. Jetzt erst einmal eine Abschluss-Kippe ins Gesicht stecken. Ich gehe extra hinten raus, weil dort immer weniger los ist. Nur nicht heute. Egal, das erste Häuschen ist meistens besetzt, gehe ich halt zum zweiten um die Ecke. Alter*! Verarschen? Gehe ich halt… Okay hinten ist’s gerade einfach voll. Dann drehe ich mir eine im Gehen und schlendere halt zum Haupteingang. Hier kann ich mich wenigsten an einen Aschenbecher stellen und in Ruhe ein paar Züge geniessen. Am schlimmsten sind allerdings die Fugen am Haupteingang. Das ist immer unangenehm. Egal. Im Innenhof kann ich mich mittlerweile fallen lassen und nur die heilen Steine betreten, ohne die Fugen zu berühren. Das nimmt ordentlich Druck raus. Überall sind zwar Fenster, aber wo sollte ich das denn sonst ausleben, wenn nicht hier? Gute Nacht! <3

PS: Schlake, vielen Dank für nichts! 🙂