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Wochenende Nr. 5

Samstag und Sonntag, 13. + 14.05.2023 – 666 That’s the Number of my Chess-Points

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, Schlafprobleme, Angespanntheit

(Beitragsbild: Screenshot aus der Chess.com-App – auf der unteren Hälfte sind die obersten 2 Reihen eines Schachbretts mit mehreren weissen Schachfiguren zu sehen, in der oberen ist ein fast voller Ladebalken und dort drüber die Zahl 666 zu sehen)

Ker, wat ein produktives Wochenende, ey. Gestern viel in der neuen Wohnung geschafft und heute in der alten. Wir haben gestern sogar zum ersten Mal in der neuen Wohnung geschlafen. Schön, im Bett Fussball geguckt, bzw. während dessen eingeschlafen. Dortmund habe ich halbwegs noch mitbekommen, St. Pauli leider gar nicht mehr. Meine Nacht war auch wieder einmal sehr unruhig und R. hatte dadurch eine sehr kurze. Ich war heute Morgen allerdings nicht ganz so gerädert.

Samstag

7.00 Uhr Warum sollte ich heute um 6.30 Uhr oder so aufstehen? Da bleib ich lieber noch ein wenig liegen. Mein Bettnachbar bleibt mir aber zu lange liegen, weswegen ich dann doch eher als er aufstehe. 7 reicht aber völlig. Wir haben’s ja abgemacht, dass ich das Licht in der Waschbeckenecke anmachen kann. Ganz gemütlich Zähne putzen und danach duschen gehen. Danach habe ich dann noch genügend Zeit, meinen Wochenendplan zu kontrollieren und auszufüllen. Einen gemütlichen Kaffee kann ich auch noch dazu trinken.

7.45 Uhr Der Wagen mit den Frühstücktabletts steht schon bereit. Cool! Dann verteile ich mal das Zeugs. Ich bin schon bal in meiner sechsten Woche und kann mir immernoch nicht alle Namen und die Sitzplätze merken. Und das, obwohl ich jeden Morgen das Essen verteile. Egal, gibt wichtigeres! Zum Beispiel futtern. Während ich die Tabletts verteile, fällt mir auf, dass es sein kann, dass sich am Wochenende alle selbst die Tabletts aus dem Wagen nehmen, weil nicht alle bis zum Frühstück hier sind. Verdammt! Was mache ich denn jetzt? Ich habe die Verantwortung für das Zeugs übernommen, als ich’s verteilt habe! Noch hat mich niemand gesehen. Ich könnte sie wieder zurückstellen, aber, wenn mich dann jemand damit sieht, dann wird’s peinlich. Ich könnte auch einfach nachfragen, aber, wenn mir dann gesagt wird, dass die Tabletts nicht verteilt werden, kann ich die eine hälfte nicht einfach so stehen lassen und es gibt Zeugen. Einfach weglaufen wäre das einfachste, aber ich will frühstücken! Puh. Einfach jetzt hinsetzen und so tun, als wenn ich den halben Tisch nicht gedeckt habe? Was ist, wenn das aber schon jemand mitbekommen hat? Dann muss ich nachher Rede und Antwort stehen. Ich ziehe das jetzt durch und mache den Tisch fertig.

7.50 Uhr Ich sitze am fertiggedeckten Tisch und esse in Ruhe. Was ist, wenn das doch jemand mitbekommen hat? Das lässt mich nicht in Ruhe. Mal schauen, was die Leute sagen, wenn sie hier reinkommen, dann kann ich immernoch spontan darauf reagieren. Vielleicht tue ich doch einfach so, als hätte ich den Tisch schon so vorgefunden… Die sind alle noch so verballert, dass es den meisten gar nicht auffällt, was hier passiert ist. Dann kann ich ja beruhigt weiterfuttern. Oder? Ich mach einfach. Keine Ahnung, wie ich nächstes Wochenende damit umgehe. Muss ich mir auch jetzt noch keine Gedanken drüber machen. Das ist das Problem des*der zukünftigen Anny’s.

8.30 Uhr Und Tschüss!

Sonntag

17.50 Uhr Ich laufe schnellen Schrittes und voller Angst davor, doch zu spät zu sein zum Pflegebüro. „Hallo, ich wollte mich zurückmelden!“ „Hallo, Anny Nachname, schön Sie zu sehen.“ „Danke, dito!“ Puh, alles gut. 18.00 Uhr ist richtig und ich bin nicht zu spät. Jedesmal die gleiche Scheisse. Aber, was ist, wenn es einmal anders läuft und ich bekomme das nicht mit? Das macht mich fertig. R. hat mir im Auto auch schon gesagt, dass ich nicht zu spät dran bin, aber, wenn das so einfach wäre, wäre ich nicht öfter mal in der Klappse. Vielleicht kann ich auch da mal dran arbeiten, aber bei den ganzen Baustellen, bin ich froh, wenn wir irgendwas abgearbeitet bekommen. Gefühlt ist andauernd etwas Anderes im Vordergrund und benötigt aufmerksamkeit. Ich bin aber sehr froh, dass wir hier und jetzt den inneren Druck und mein Problem mit den Ansprechen von Scheisse, ohne, dass ich in die Luft gehe, anschauen. Das scheint es auf jeden Fall schon sehr nötig zu haben. Oder ich. Oder wir. Also, das Problem und ich. Also, du weisst schon…

18.30 Uhr Alle Taschen sind aus- und Schrank ist eingeräumt. Ich liege aufm Bett und schachte ne Runde. Plötzlich geht der Gong. Kacke! Beinahe zu spät zur Wochenendrunde gekommen. Ich war aber nicht die einzige und letzte Person, weswegen der Gong wohl auch benutzt wurde. Die Runde ist kurz und schmerzlos, da wir 1, 2 positive Sachen vom Wochenende erzählen und kurz unsere Nacht ansprechen sollen. Jetzt erst einmal eine Abschluss-Kippe ins Gesicht stecken. Ich gehe extra hinten raus, weil dort immer weniger los ist. Nur nicht heute. Egal, das erste Häuschen ist meistens besetzt, gehe ich halt zum zweiten um die Ecke. Alter*! Verarschen? Gehe ich halt… Okay hinten ist’s gerade einfach voll. Dann drehe ich mir eine im Gehen und schlendere halt zum Haupteingang. Hier kann ich mich wenigsten an einen Aschenbecher stellen und in Ruhe ein paar Züge geniessen. Am schlimmsten sind allerdings die Fugen am Haupteingang. Das ist immer unangenehm. Egal. Im Innenhof kann ich mich mittlerweile fallen lassen und nur die heilen Steine betreten, ohne die Fugen zu berühren. Das nimmt ordentlich Druck raus. Überall sind zwar Fenster, aber wo sollte ich das denn sonst ausleben, wenn nicht hier? Gute Nacht! <3

PS: Schlake, vielen Dank für nichts! 🙂

Tag 30

Mittwoch, 10.05.2023 – Tor für Mailand!

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, trans* Feindlichkeit, Sodbrennen, Schlafprobleme, Angespanntheit, Tierausbeutung, Rassismus, Ableismus

Ich habe es geschafft den Bann zu brechen!!!11!!11
Meine Zwänge erlauben es mir nicht „kaputtes“ Geschriebenes weiter zu benutzen. Im Falle des Blogs ist das so, wenn ich nur einen Tag nicht aufschreibe, ist der Blog „kaputt“ und ich kann ihn löschen. Jetzt habe ich 13 Tage gebraucht, um doch wieder zu schreiben und den Blog nicht zu löschen. Ich bin sehr stolz auf mich.

6.30 Uhr Ich sitze im Gemeinschaftszimmer und schreibe meinen Tagesplan auf. Meine Nacht war sehr unruhig und ich hatte solche Albträume, bei denen ich in echt öfter mal laut werde. Das hängt mir auch noch ganz schön nach. Und trotzdem fühle ich mich seit Montag so fit, wie schon Monate nicht mehr. Das ist so ungewohnt, dass ich am Montag wie gelähmt war und den halben Tag verpennt habe. Gestern lief’s schon besser, heute wird gut. Das habe ich mir auf jeden Fall vorgenommen.

8.00 Uhr Frühstück – Die regen mich alle oft einfach auf. „Das essen schmeckt nicht!“ (tierleid-Produkte), Meine Mama sagt immer, ich sei ihr kleiner Indi…. (Native American heisst das, du verdammter *&@*>%*!, Anm. der Redaktion)“, „Ich reite so gerne!“ (Reiten ist Tierausbeutung und -quälerei!, Anm. der Redaktion), „Auf dem einen Foto sehe ich nicht aus, als hätte ich einen Schlaganfall!“ (ableistisch/ behindertenfeindlich, Anm. der Redaktion), und noch andere Originalzitate von privilegierten, Weissen, oft männlich gelesenen. Wie soll ich dabei gesunden? R. hat mir gesagt, dass ich gerade das in der Therapie ansprechen soll, da ich dort ja an der richtigen Stelle dafür bin. Ich mache das auch, aber 1. ist mein Bezugstherapeut seit gestern krank und ich bekomme evtl. eine Person an die Hand, zu der ich nicht so ein Vertrauensverhältnis aufgebaut habe und 2. ist es mir unangenehm, das anzusprechen und mich dort herauszunehmen ider als etwas Anderes/Besonderes darzustellen. Da muss ich halt durch. Erst mal eine ins… Nö, ich rauche schon weniger und will spätestens bei der Entlassung damit aufhören.

8.30 Uhr Werken – Mein Hocker oder eher die Einzelteile nehmen langsam Form an. Freu mich total drauf. Ich mag auch den Therapeuten. Er hat etwas von Kurt Krömer. Den fand ich schon immer symphatisch und spätestens seit Chez Krömer finde ich ihn richtig cool. Ein Comedian, der versucht, nicht nach unten zu treten. Cooler Typ. Also der Kurt. Aber der Therapeut auch. Nur anders. Ich mag ihn. Also den Therapeuten! Aber den Kurt auch. Puh, ist das anstrengend!
…und albern! Also nicht der Dr.! Ach, lassen wir das.


11.00 Uhr Die Gruppentherapie fällt aus. Endlich wird mir ein wenig Druck abgenommen. Dise Sitzungen kosten mir immer sehr viel Kraft. Es ist nicht so, dass es mir nichts bringt, aber mir ist nicht nach quatschen in dieser Gruppe. Ich kümmere mich gerade um zu individuelle Probleme und habe keine Lust, mir irgendetwas aus den Fingern zu saugen. Dafür regen die mich schon genug auf. Dafür kann ich mich jetzt bis 12.00 Uhr aufs Bett hauen und meinen Soziologie-Schinken, das Soziologie-Buch von Anthony Giddens. Ein richtig guter Schinken mit ganz viel Inhalt. Ich bin zuvor bis Seite 74 von 989 gekommen und fange jetzt einfach nochmal von vorne an. Das ist zu lange her, also Monate, als ich das gelesen hatte.

12.30 Uhr Mittagessen ist gegessen und jetzt hau ich mich erst einmal bis 14.00 Uhr hin, weil ich gegen 14.15 Uhr das eventuelle Einzelgespräch mit der Vertretung habe. Ich werde auf jeden Fall als aller erstes klar stellen, dass es mir unangenehm ist und ich eingeschränkt reden werde, da ich zu der Person kein so gutes Verhältnis habe, wie zu meinem Bezugstherapeuten.

14.15 Uhr Überraschung! Das Einzel fällt aus. Einerseits gut, andererseits macht mir das den Tagesplan komplett kaputt und ich weiss nichts mit mir anzufangen. Erst einmal pennen…

17.00 Uhr Ich zwinge mich, wach zu bleiben und den Wecker nicht wieder weiter zu stellen. Ganz schön anstrengend, ey! Wenigstens habe ich mich heute nach dem Werken und dem Duschen danach, meine Augen zu schminken und so rum zu laufen. Ohne geschminkte Augen fühle ich mich nackt, aber ich brauche auch Selbstvertrauen, um damit rum zu laufen. Und das beste ist? Das wasserlösliche Zeugs hat das Schlafen überstanden. Yeahi!

19.00 Uhr Jetzt gehen wir meine (Ent-)Spannungskurve durch und ich spreche es, wie jeden Tag an, dass ich mich schwer damit tue, die entspannten Zeiten aufzuschreiben. Jetzt habe eine Gefühlsliste und mache mehrmals täglich in Entspannungs-Situationen einen Body Scan und schaue, wie und wo sich das für mich anfühlt. Das wird mir helfen.

19.30 Uhr Schnellen Schrittes mache ich jetzt noch meinen täglichen Abendspaziergang und geniesse die frische Luft im Wald. Gut, dass wir an unserer neuen Wohnung auch einen Wald in der Nähe haben. Das wird etabliert.

21.14 Uhr Milan gegen Inter Mailand läuft auf dem Laptop, 14te Minute und es steht 0:2. Gute Nacht! :-*

Tag 11

Freitag, 21.04.2023 – Stress und Maissuppe

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, Sodbrennen, Schlafprobleme, Angespanntheit, Kopfschmerzen

Meine Nacht war wieder sehr unruhig, mit Sodbrennen, aber ich bin jedesmal mit Musik in den Ohren aufgewacht und auch wieder eingeschlafen. Ich habe heute schon wieder so überhaupt keine Böcke. Auf nichts.

7.05 Uhr Ich warte im Wohnzimmer, bis die Pflegekraft kommt, den Tagesplan auslegt, ich meine Medis abholen kann und wir meine Tagesplanung durchgehen können. Mein Tagesplan macht vielleicht mehr Druck, als er nimmt. Mal schauen, wie sich das entwickelt… Zusätzlich läuft hier eine Mitpatientin nervös durch die Gänge, weil sie auch wartet. Das ist alles so anstrengend. Ich will wieder ins Bett!

7.15 Uhr Die ersten to do’s kann ich abhaken und es hat ja nur ein paar Nerven gekostet.

7.30 Uhr kurze Morgenrunde, schnell die Frühstück-Tabletts verteilen. Keine Zeit verlieren.

9.30 Uhr Werken lief wieder super. Die Sitzfläche ist erst einmal fertig und jetzt kommen die Beine dran. Natürlich sollen diese 70 cm lang sein und müssen dann mit querbalken gehalten werden. Ist noch ein wenig mehr Arbeit, aber ich habe ja auch noch mindestens 4 Wochen. Im Anschluss will die Musiktherapeutin mit mir quatschen und schauen, ob wir uns heute noch zusammensetzen. Ich hab so einen Bock auf die Therapie, aber nicht, wenn meine Planung durcheinander wirft. Das macht nicht nur den Plan sondern auch den Tag für mich zu nichte. Ich wollte/musste einfach absagen, aber die Therapeutin ist flexibel und sagt mir, dass ich einfach nach der Visite vorbeikommen soll und wir bis12.00 Uhr dann musizieren. Natürlich sage ich ja. Ich bin viel zu feige, es zumindest anzusprechen, dass sie mir den Tag kaputt macht.

10.30 Uhr noch eine Person vor mir in der Visite. Kacke! Ich schaffe es sogar noch pünktlich. Das wirft den kaputten Plan nochmal durcheinander. Ich kann das nicht. Echt. Das schlägt mir ordentlich auf den Magen.

10.50 Uhr Ich sitze in der Visite. Da es Urlaubszeit ist, schaue ich nur in 3 Gesichter, anstatt in 6. Das ist aber schon schlimm genug. Auch, wenn die 3 Sympathisch sind. Das ist eine unangenehme Situation. Ich komme sofort zur Sache:“ Wir haben gestern angefangen, einen Tagesplan zu erstellen. Das ist super! Nur nicht, wenn jemand etwas durcheinder schmeisst! Ich könnte das zu ersetzende ausradieren. Das sieht dann aber nicht mehr so perfekt aus und deswegen kann ich die allererste Seite nicht verschandeln. Ich könnte die erste Seite auch rausreissen, aber dann ist das Heft kaputt und ich muss es ganz wegschmeissen. Ich brauche eine Verschnaufpause, sonst explodiere ich.“ Das macht mich echt fertig! Der innere Druck ist grundsätzlich schon sehr hoch und dann schmeisst mir jemand meine Planung durcheinander. Das Ende vom Lied ist: Die Musiktherapeutin wird angerufen, dass ich gegen 11.15 Uhr dort ankomme, ich noch kurz in den Garten gehe und etwas gegen das Sodbrennen bekomme. Ach, nebenbei haben wir noch besprochen, dass das Fluoxetin abgesetzt wird, weil sich das nicht mit dem Anafranil verträgt. Das Anafranil ist das eigentliche Problem, hilft mir aber bei den Zwängen. Gerade jetzt kann und will ich das nicht absetzen. Wir lassen’s dann auch erst einmal dabei. Schnell auf Toilette gerannt und dann bemerken, dass ich das nicht zeitlich schaffe, mit dem Garten. Dann quarze ich mir in Ruhe eine. Das hilft ja auch. Nicht so gut, wie die Hühner, aber immerhin. Als ich gemütlich anfange zu rauchen, fällt mir auf, dass ich schonmal losgehen muss, da ich sonst zu spät komme. Alter*! Was ist hier los?

11.15 Uhr Ich bin pünktlich. Wow! Der Therapeutin ist’s unangenehm, dass wir beide so einen schlechten Start haben. Das ist so auch nicht in ihrem Sinne. Ich bin auch ehrlich zu ihr und sage ihr, wie’s mir gerade damit geht und, dass ich kurz davor bin, einfach nach Hause zu gehen. Nach einer kurzen Aussprache, darf ich mich hinter das Drum-Set setzen. Das wollte ich schon immer mal machen. Boah, war das kompliziert und schahmbehaftet für mich, da etwas zu produzieren, was sich nach Musik anhören soll. Ab ans Xylophon. Da es mein zweiter Durchgang ist, fühle ich mich da wohler. Zwischendurch sind wir beide voll im Flow. Das hört sich nicht nur nach Musik an, es hört sich sogar gut an. Es ist ein Wechselbad der Gefühle, es kribbelt… und ich will weglaufen. Das war eine so positive Situation und ich war überfordert. Ich konnre damit nicht umgehen. Mit Schahm kenne ich mich aus, aber das, das war ungewohnt. Unangenehm. Nach einer Analyse durfte ich mir noch etwas aussuchen und ich habe mich für die Hang Drum entschieden. R. hat sich selbst eine und ich würde mich da gerne mal rantrauen. Gar nicht so einfach, gute Töne rauszubekommen. Macht total Spass. Nächste Woche musizieren und reden wir 30 Minuten zusammen und dann darf ich mich 20 Minuten alleine mit der Hang Drum anfreunden. Nichts lernen! Einfach nur spielen und es laufen lassen. Ich bin so steif, verkrampft und zwanghaft, dass das eine sehr grosse Herausforderung wird. Eine, auf die ich mich sehr freue.

12.00 Uhr Ab zum Mittagessen. E. fährt uns zum Rewe und will sofort nach dem Essen, spätestens 12.45 Uhr losfahren.

12.40 Uhr E. kommt gerade von ihrer Therapie und hat sich umentschieden. Stressfrei essen und erst gegen 14.00 Uhr losfahren. Heute stimmt irgend etwas nicht. Sind das alles therapeutische Tests? Das kann nicht wahr sein. Ich bleibe noch bei den anderen bis 13.15 Uhr sitzen und gehe dann doch noch auf mein Zimmer. Einfach nur mal zur Ruhe kommen und die Augen ausruhen.

13.55 Uhr Es klopft an der Tür. E. fragt, ob wir loskönnen. Jau. Ab zum Rewe.

15.00 Uhr Das gemeinsame Schnippeln macht Spass. Zwischendurch kommen wieder Jegendherbergs-Gefühle hoch und wahrscheinlich nicht nur ich vergesse zwischendurch, wo wir eigentlich sind. Als ich ein Messer in die Küche der Pfleger*innen bringe, gibt mir die Pflegerin eine Skillsliste, die ich mir ausfüllen bzw. passendes ankreuzen soll und ein Spannungsbogen, eine Art Tagebuch, in das ich mehrmals täglich den Level meiner Anspannung eintragen soll. Am Wochenende soll ich mir das anschauen und ausprobieren und ab Montag wird’s ernst. Ich find’s gut, dass wir da mal genauer hinschauen.

18.00 Die Maissuppe mit Popkorn schmeckt echt super. Alle sind begeistert. Langsam weicht der innere Druck des Tages den ankommenden Kopfschmerzen. War ein harter Tag. Jetzt kann ich mich langsam entspannen und runterkommen.

18.35 Uhr Ab ins Bett, das Hamburger Stadt-Derby hat schon angefangen. Was für ein Spiel. Ich musste mich echt zusammenreissen, hier nicht rumzuschreien.

21.49 Uhr Morgen geht’s bis Sonntag nach Hause. Gute Nacht!

Tag 10

Donnerstag, 20.04.2023 – Fugendruck und Fankultur

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, Sodbrennen, Schlafprobleme, Angespanntheit

In der Nacht hatte ich mal wieder Sodbrennen, weil ich Abends die Pfoten einfach nicht von den Süssigkeiten lassen kann. Aber ich bereue nichts! Also das Sodbrennen schon, aber nicht die Süssigkeiten. „Merkste selber, ne?“ Ja, ist schon gut…

7.30 Uhr Heute hab ich’s mir verkniffen, vorher rauchen zu gehen. Allein mein Magen freut sich darüber. Dafür gab’s zwei Tassen Kaffee auf nüchternen Ma… lassen wir das! In der Morgenrunde bin ich wieder total verballert und muss stark überlegen, was gestern so war. Das ist gerade sehr erschreckend, wie schnell ich gerade Erlebtes vergesse. Ist ja aber auch viel und noch relativ neu.

8.30 Uhr Heute ist nicht mein Tag. Ich habe noch nicht einmal Lust aufs Werken. Das ist halt manchmal so. Als ich erst einmal an meinem Hocker weiterarbeite, kommt der Spass schon kurz vorbei gehuscht und die Stunde ist dann auch schon wieder vorbei. Morgen kann ich die Hockerbeine anfangen und es gibt wohl das erste Mal auch Muskelkater dazu.

9.00 Uhr Ab zu den Hühnern, Achtsamkeit üben. Jetzt habe ich ein wenig Zeit, kann auf dem Weg R. anrufen und wir können ein wenig quatschen. Die Bank, auf der ich immer sitze ist nass. Das bemerke ich natürlich erst, als ich darauf sitze. Und direkt gegenüber ist ein kleiner Vorbau unter dem trockene Stühle stehen. Erst einmal zuende telefonieren und danach die Hühner mit Gras füttern. Die alten Geier!

Unter dem Vorbau ist’s nicht das Gleiche. Ich kamaber auch nicht auf die Idee, den Stuhl neben die Bank zu stellen. Naturbetrachtung war heute nichts, aber ich hab’s ein wenig versucht und habe die Hühner beobachtet.

Auf dem Rückweg merke ich, dass es mir ganz gut tut, wenn ich die Fugensache ein wenig auslebe und doch ein wenig mehr darauf achte, die Fugen in meinem System, also entweder gar nicht oder die Fugen mit der Fussmitte zu treffen. Das nimmt ein wenig Druck raus, macht mir aber Angst, dass das Ganze dann total aus dem Ruder läuft. Auf jeden Fall werde ich das morgen in der Visite ansprechen.

10.45 Uhr Das erste Mal „Vorblick“. Verstehe nur nicht, warum das erst so spät ist. Das kann ja dann eigentlich nur für den kommenden Tag sein?

Ups! Falsch verstanden. Ich soll noch vor dem Frühstück zum Vorblick kommen und dann auch schon meine Liste fertig haben. Das ärgert mich sehr, dass ich da nicht alleine drauf gekommen bin. Irgendwas ist halt immer…

Für Freitag sieht’s so bei mir aus

  • 06.00 – Wecker
  • 07.00 – Medikamente + Tagestermine
  • 07.30 – Morgenrunde
  • 07.45 – Vorblick
  • 08.00 – Frühstück
  • 08.15 – Werken (bis 9.30 Uhr)
  • 10.00 – Musik
  • 11.00 – Visite
  • 12.00 – Mittag
  • 12.45 – Einkaufen
  • 16.00 – Kochen
  • 18.00 – Abendessen
  • 19.00 – Naturbeobachtung

Auf dem ersten Blick erschlägt mich das ganze Gebilde, aber der Plan tut mir unglaublich gut.

12.00 Uhr Mittagessen Ich kann mich kein bisschen übers Essen beschweren. Alles super und auch lecker. Klar, in den ersten Tagen ging häufiger etwas schief, aber das kenne ich nicht anders. Ich habe ja auch Sonderwünsche. Keine Ahnung, wie viele Menschen in dieser Klinik vegan leben. Auf meiner Station bin ich die einzige veganlebende Person und wir sind momentan 13 Leute. Uh, geile Zahl. Block 13 auf der Südtribüne. Und ich habe meine Dauerkarte einem Arschloch gegeben…

Jetzt erst einmal ein Stündchen (Haha!) schlafen.

15.15 Uhr Pflegegespräch – Zuerst quatschen wir darüber, wie meine Achtsamkeitsübung Namens Naturbeobachtung verlief und haben das einfach mal so stehen lassen. Heute ist einfach nicht mein Tag und ich habe das Beste daraus gemacht. Dann wird mir vorgeschlagen, dass ich mit der Naturbeobachtung aufhöre, da meine Bezugspflegerin und mein Therapeut glauben, dass es für mich gerade wichtiger ist, dass ich einmal Atem- und einmal Körperübungen mache, damit es mir einfacher fällt, unter Menschen zu gehen. In den letzten Wochen hatte ich beim Einkaufen schon ein grundsätzlich hohes Anspannungslevel, bevor ich aus der Wohnungstür bin. Dass ich auf offener Strasse als „Scheiss Schwuchtel“ beschimpft wurde, ist noch gar nicht so lange her und sitzt tief. Ich will so rumlaufen, wie ich mich wohl fühle und in der Masse verschwinden. Das geht aber nicht. Ich bin halt ein bunter Vogel ganz in schwarz gekleidet. Ich will beim Einkaufen Abstand haben, besonders an der Kasse. Dies ist in dieser schnelllebigen Zeit nicht möglich. Alle hetzen von Termin zu Termin, sind im Kopf schon ganz woanders oder haben anderen Stress. Ich versuche das so anzunehmen, aber, wenn ich die Person hinter mir schon Huckepack nehmen kann und dann noch ein “ Können Sie bitte abstand halten?“ rausquetsche, diese dann aber pampig reagiert, platze ich. Und werde beleidigend. Ich möchte dieser Person weh tun. Sie verbal zerstören. Freiheit hört dort auf, wo sie andere einschränkt. Blablabla.

Und hinterher? Ärgere ich mich bis zum geht nicht mehr, dass ich mal wieder mein Maul nicht halten konnte. Jedesmal das Gleiche.

Aber es gibt für mich momentan nur zwei Wege:

  1. Entweder, ich sag nichts und ärgere mich über die andere Person und mich, weil ich nichts gesagt habe.
  2. Oder ich ärgere mich über die Person, weil sie kacke reagiert und über mich, weil ich ausfallend und laut geworden bin.

Bei 1. ist die Gefahr, dass sich der innere Druck immer weiter anstaut und die Explosion die Menschen trifft, die damit gar nichts zu tun haben. Vor allem R. ist davon betroffen. Bei 2. ist der Druck wieder etwas runter, aber immernoch höher, als vor der auslösenden Situation. Eine weitere Situation kann dann schon ausreichen. Was soll ich schreiben? Es ist sehr anstrengend. Ich will Leichtigkeit. Ich will über diese Dinge oder Situationen stehen und auf Augenhöhe mit meinem Gegenüber agieren. Wir versuchen hier alle „nur“ zu (über)leben.

15.39 Uhr C. von der KoFaS, ‚Kompetenzgruppe Fankulturen und Sport bezogene Soziale Arbeit’, und ich haben seit Montag versucht, bzgl. einer Anfrage für eine Zusammenarbeit miteinander zu telefonieren, aber es hat nicht sollen sein. Also hat mir C. jetzt eine fast vierminütige Sprachnachricht mit einer kleinen Beschreibung geschickt. Es geht um trans*-Fussballfans. Yeahi. Ich bin dabei! Läuft bei mir!

15.45 Uhr Ein Zettel für mich klebt an der Tür. Die morgige Musiktherapie muss verschoben werden. Entweder auf 11.00 Uhr oder auf Montag. AAAAH! Ich habe doch gerade erst alles geplant. Und die Zeit für die Visite ist eh schon wenig planbar, da nunmal viele Menschen nacheinander abgearbeitet werden. Ausserdem müssen wir uns ab Snfang der Woche in den Zeitplan der Visite eintragen und somit gibt es heute noch kaum freie Stellen. Ich habe mich extra für 11.00 Uhr eingetragen, damit das alles passt. Es könnte natürlich auch ein therapeutischer Test sein, aber wahrscheinlich ist der Therapeutin einfach etwas dazwischen gekommen. Ich habe dafür aber keine Energie. Dann muss Musik halt auf Montag „verschoben“ werden, bzw. morgen ausfallen. Hab mich so sehr darauf gefreut!

16.10 Uhr Nicht nur meine Eltern und mein Opa kommen zu besuch, sondern auch R. kommt kurz rum. Sie hat Unterlagen für die Kaution der neuen Wohnung, die ich unterschreiben muss. Was für ein Stress. Danke, dass du das alles managed. :-*

Ein wenig im Krankenhaus-Cafè zusammensitzen, Kaffee trinken und quatschen. Das ist schön.

20.47 Uhr Ich liege im Bett und schreibe diese Zeilen. Gute Nacht.

Tag 6

Sonntag, 16.04.2023 – 2,3

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Behinderung, trans* Feindlichkeit, Tabakkonsum

Letzte Nacht konnte ich ganz schwer einschlafen. Das lag nicht nur am Umstand, dass ich mich verspätet habe. Jemand hat wieder geweint und zusätzlich hat mich der Tag total aufgewühlt. Es war so schön, gleichzeitig ist so viel los. Bevorstehender Umzug ab nächsten Monat und das Gefühl, dass ich R. alleine in diesem Chaos lasse. Ich werde 6 Wochen vom aktuellen Semester verlieren. Meine Rente läuft Oktober diesen Jahres ab und ich weiss nicht, ob ich wieder zum Amtsarzt muss.

Das war die Hölle für mich. Als ich 2018 die Rente beantragt habe, wurde diese abgelehnt, woraufhin ich Einspruch erhoben habe. Deswegen musste ich zum Amtsarzt. Dieser hat mich auseinander genommen, mich klein gemacht und ich habe mich auch noch total unterworfen. Danach war ich erst einmal nicht mehr zu gebrauchen. Deswegen habe ich einen Betreuer vom betreuten Wohnen beantragt. Ich gehe dort nie wieder alleine hin. Nie! Und was ist generell, wenn ich jetzt auf einmal keine Rente mehr bekomme? Das wäre echt uncool. Ich kann noch nicht wieder arbeiten gehen. Ich kann ja kaum einkaufen gehen, ohne , dass ich rumschreie oder beleidigend werde, bzw. jederzeit kurz vorm Explodieren bin. Ich hab Angst, das macht mich fertig. Kippchen? Jau! Und danach Mucke. Und rasieren. Und frühstücken. 2,3 Yeahi!

8.40 Uhr Musik beruhigt ungemein! R. schreibt mich gerade an, als ich fertig bin mit dem Frühstück. Dann mal eben abmelden… Im Fenster des Pflegepersonalraumes hängt wieder der Zettel „Bin gleich wieder da!“. Im Nebenraum wird umgeräumt, also ab zur Tür nebenan. An der hängt der Zettel „Bitte nicht stören, Gespräch (oder Therapie oder so ähnlich)“. Es hört sich nicht nach einer Unterredung an und wenn dies tatsächlich eins ist, fliegen dort ordentlich die Fetzen. Was mache ich jetzt? Ich kann da nicht anklopfen und hoffe, dass die Person zwischendurch mal um die Ecke schaut. Nach ca. 10 Minuten warterei, in denen sich immer mehr Druck aufbaut, kommt die Pflegerin rum: Warum klopfen Sie den nicht?“ Weil ich das respektieren möchte und muss, dass Sie nicht gestört werden will. Es ist so angezeigt. Natürlich habe ich mich gefragt, ob das Schild an der Tür vom letzten Gespräch dort noch hängt, aber ich bin gestern schon negativ aufgefallen. Wenn ich da jetzt etwas falsch mache, baut sich da zu viel auf einmal auf und ich werde noch unsicherer. Dann warte ich lieber. Damit kann ich erst etwas kaputt machen, wenn R. schon auf mich wartet, aber solange ich die Zeit habe, investiere ich diese dann halt und überlege bei Bedarf neu. Das Ende vom Lied ist, dass ich abhauen darf. Natürlich habe ich mich nochmal für gestern entschuldigt. „Wenn Sie das jetzt nicht erwähnt hätten, wäre es gar nicht aufgefallen!“ Das ist nicht Sinn der Sache und ausserdem werde ich das auch in der ersten Therapiesitzung ansprechen, dass mich so etwas Tage verfolgt und ich die nächsten Beurlaubungen wahnsinnig unter Druck stehen werde. Ausserdem will ich das geklärt haben.

9.30 Uhr noch eine ins Gesicht stecken und auf R. warten. Dieses Mal bin ich vom Frühstück so satt, dass ich kein zweites Frühstück zelebriere, aber Kaffee trinke, während R. frühstückt.

12.00 Uhr Wir haben’s tatsächlich geschafft, ein wenig für den Umzug umzuräumen und Kisten zu packen. Mein Kleiderschrank ist jetzt schon leer, dafür habe ich ja jetzt einen in der Klinik.

13.30 Uhr Zusammen mit anderen Punks St. Pauli in einer Cafè-Bar in Dortmund gucken. Puh! Ich dachte echt, das Spiel wird besser als das gestrige vom BVB. Fussballtechnisch kein gutes Wochenende.

16.30 Uhr Schön noch ein wenig kuscheln, Nussecken und Kuchen futtern und dabei in das Spiel Bremen gegen Freiburg reinschauen. Vielen Dank für dieses schöne Wochenende, liebe R.! :-*

18.30 Uhr Wenn mein Bettnachbar mir nicht Bescheid gesagt hätte, hätte ich beinahe auch noch die Stationsversammlung verpasst. Die Therapeutin ist sauer, weil mindestens 3 Leute zu spät zurückkamen. Das gab vor versammelter Mannschaft nochmal ’ne Ermahnung für alle. Und wegen gestern wurde ich extra erwähnt und angesprochen. Vielen Dank. Das habe ich gebraucht. Als wenn ich mir so nicht schon genug Vorwürfe machen würde. Natürlich kann sie nicht wissen, wie’s in meiner Birne aussieht, aber das ist doch schon längst geklärt gewesen. Ich habe es doch schon angesprochen. Gut, ich hätte den Ernst der Lage genauer ansprechen sollen. Dies habe ich dann in der Runde gemacht, in der wir kurz unser Wochenende zusammenfassen sollten. Sie hat mir dann mehrmals gesagt, dass ich mir keinen Kopp machen soll, da das ja auch meine erste Woche ist. Das weiss ich auch. Habe ich ja selbst auch so gesagt.

19.30 Uhr Draussen machen zwei Menschen lärm. Sie schreien beide mit krächzenden Stimmen unverständliches Kauderwelsch und werden immer lauter, unverständlicher und aggressiver. Ich will doch einfach nur pennen… Gut, dass ich meine Kopfhörer eingepackt habe und jetzt auch zum schlafen Mucke hören kann.

über mich

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Behinderung, trans* Feindlichkeit

Ich heisse Anny, bin Anfang der 1980er geboren, trans/nichtbinär und benutze keine Pronomen. Im Ruhrpott bin ich zu Hause. 2020 habe ich eine Personenstandänderung vorgenommen, meinen Namen Anny angenommen und mich als „divers“ eintragen lassen.

Durch mehrere Schlaganfälle, chronische Depressionen, Zwänge und einer Persönlichkeitsstörung des Borderlinetypus bin ich seit 2018 berentet und habe einen Grad der Behinderung (GdB) von 50. Ausserdem habe ich mir die ICD10-Diagnose mit dem Schlüssel F64.0 – Transsexualismus erarbeitet. Laut dem aktuellen ICD10 ist trans * Identität immernoch eine psychische Erkrankung. Es gibt schon ein ICD11, der an die heutige Zeit angepasst ist. In einigen Ländern wird dieser schon angewendet, in Kaltland dauerts noch ein klein wenig.

Ich befasse mich seit Jahren mit Ableismus, Gewalt in der Sprache, Mikroaggressionen, Privilegien, (Self)Care, Verschwörungsdenken und anderem.

Seit dem Wintersemester 2022 studiere ich B.A. Politikwissenschaft, Verwaltungswissenschaft und Soziologie.

Ich war viele Jahre in der Tierrechts-/Tierbefreiungsbewegung aktiv und bin anarchistisch, aber nicht demokratiefeindlich eingestellt. Wer sich mit Politik auskennt, sollte heutzutage wissen, dass Anarchismus nicht gleich Chaos bedeutet.

Vereinsmitgliedschaften: Bund demokratischer Wissenschaftler*innen (BdWi), Bundesverband Trans* (BVT), Deutsche Gesellschaft für Trans*- und Intergeschlechtlichkeit (dgti), Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS), FC St. Pauli, FC St. Pauli-Fanclub FC Rilrec Youth (FCSP FCRRY)

Bis Mai 2024 war ich auch Mitglied beim BVB und bei ballspiel.vereint!. Durch das Nmecha-Debakel und dadurch, dass ich mich vom Verein(-svorstand) verarscht und mich, als queere trans* Person nicht mehr willkommen gefühlt habe, habe ich meine Mitgliedschaften gekündigt und mein Engagement im und um den Verein eingestellt. Auf meine 2 offenen Briefe an den Vereinsvorstand habe ich bis heute (Stand Januar 2025) keine Antwort bekommen. Eine Entschuldigung hätte ich eh nicht geglaubt, aber ich habe noch nicht einmal eine Bestätigung des Erhalts meiner Briefe bekommen.

Vorträge/Workshops, die ich geleitet oder gegeben habe: Gender was? – tina* Identitäten am Arbeitsplatz“, „TINA* Feindlichkeit(en) und Mikroaggressionen“, „TIN-Feindlichkeit(en)“, „Privilegien“, „Total Liberation – Eine Einführung“, „Wie schreibe ich (politisch) Gefangenen“, „Kritik innerhalb der Tierbewegung“, „Straight Edge und Beziehungsanarchie“

Seit Mitte 2023 biete ich Peer-TINA*-Beratung im Namen der Deutschen Gesellschaft für Trans*- und Intergeschlechtlichkeit (dgti) an.
(TINA* steht dabei für trans*, inter, nicht- und abinär und der * für alle ähnlichen Geschlechter)

Seit Anfang 2024 habe ich mir meinen langjährigen Traum erfüllt und habe angefangen ein Online-Lexikon über Verschwörungsmythen zu erstellen. Gut Ding braucht…
https://verschwoerungsmythen-lexikon.net/

Zu meinen Aktivitäten innerhalb der Fanszene(n):
seit 2006 BVB-Fan, spätestens seit 2011 St. Pauli-Fan, 2008 – 2014 Dauerkarte Block 13, Südtribüne, ca 2008 – 2011 aktiv in der BVB Fan- und Förderabteilung, 2015 – 2017 kein Fussball, viel politisches Engagement, seit 2018 wieder aktiver Fussballfan

2021 Interview und zweitägige Arbeitsgruppe fürs Forschungsprojekt „Vielfalt im Stadion – Zugang, Schutz und Teilhabe“ der Kompetenzgruppe Fankulturen und Sportbezogene soziale Arbeit (KoFaS)
2022 Interview für das Fanprojekt Dortmund zum 25ten Jubiläum von „Kick Racism Out“
2022 bis 2024 aktiv bei ballspiel.vereint!
2022 Mitglied im Orgateam und zweimal am BVB-Aktionstag den Workshop „TIN-Feindlichkeit(en)“ geleitet/gegeben
ab 2023 Mitglied im Orgateam von Football 4 all Gender und Interview mit Debbie von Female St. Pauli Stories vom Millernton-Podcast
August 2023 Filmdreh „queere Fans im Stadion“ im Olympiastadion
seit Anfang 2024 Mitglied des St. Pauli Fanclubs FC Rilrec Youth (FCSP FCRRY)
März bis November 2024 Teilnahme an der Weiterbildung „Steilpass – Fußballjobs für alle
28.05.2024 Filmvorführung „queere Fans im Stadion“ und Live-Interview beim Diversity Day auf Sky.
29.07.2024 interner Workshop „Gender… was? – trans*-, inter*-, nichtbinäre und Agender Identitäten am Arbeitsplatz“ beim FC St. Pauli geleitet

Hier das Interview zum Jubiläum von „Kick Rasicm Out“:
https://youtu.be/8gWehwSq-LQ

Hier ist das Interview mit Debbie von Female St. Pauli Stories:
https://millernton.de/2023/09/05/female-st-pauli-stories-17-anny/

Und hier geht’s noch zum Film „queere Fans im Stadion“ von Vielfalt im Stadion, in dem ich mitgewirkt habe:
https://vielfaltimstadion.de/ueber-das-projekt/

Tag 4

Freitag, 14.04.2023 MillernTon

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, missgendern, trans* Feindlichkeit, Sodbrennen, Schlafprobleme, Angespanntheit

6.00 Uhr Sehr unruhige Nacht gehabt. Und Sodbrennen. Keine Ahnung, warum. Die Drittel Tüte Flips kann es ja nicht gewesen sein…

7.30 Uhr Wieder eine kurze Morgenrunde. „Mein gestriges Highlight war das Cappuccino-trinken mit R. und das ich meine Schlappen endlich habe. Meine Nacht war wie immer unruhig und anstrengend. Ich freue mich heute tatsächlich auf die Visite, weil dann ein paar Fragen beantwortet werden.“ Frage mich, warum es wichtig ist, dass wir den Sprecher*innen-Ball zuwerfen und nicht geben sollen. Ich hasse das!

8.00 Uhr wieder verspätetes Frühstück und ich steh sofort unter Druck, weil wir um 8.15 Uhr losgehen zum Werken. Mir ist bewusst, dass die Küche nicht nur uns beliefert, aber diese Situation macht mir den Tag nicht einfacher. Ausserdem ärgere ich mich immernoch sehr über meinen Tablett-Fopaux. Das wegbringen des Tabletts hat mir so schon genug Stress bereitet, aber jetzt ist es um einiges schlimmer.

10.00 Uhr Das Werken war wieder super. Der Betreuer ist auch voll Sympathisch. Ich habe mich zwischendurch auch schon gefragt, wie teuer wohl so ein gebrauchter Werktisch ist. Meine Mitpatientin hatte schonmal geschaut. Ab 79,-€. Hoa! Interessant!

10.15 Uhr Der Druck steigt erst jetzt, aber dafür ins Unermessliche. Scheiss wichtige Termine! Ganz vergessen was für einen Druck ich bei solchen Terminen immer verspüre. BAH!

12.00 Uhr Dass Mensch ein wenig warten muss, ist klar. So lange hat sich dass wohl auf dieser Station aber noch nie hingezogen. Ich war für 10.45 Uhr eingetragen. Wenigstens bin ich ab 10.30 Uhr zu den Wartenden gegangen und hatte ein paar gute Gespräche. Mit wem? Dem neuen Schlacker, der gestern angekommen ist. Langsam wird’s peinlich… Er hat sich erst gar nicht getraut, sich dahingehend zu outen, weil er schon öfters einen drauf bekommen hat. Weil er Fan eines bestimmten Vereins ist. Das ist Fussball! Typensuppe! Thesto! Riesige, enorme…

Auswärtsfahrten.Ich war von ca. 2009 bis 2012 aktiv in der Fanszene Dortmund. Dies war der Beginn, meiner politischen Karriere. Irgendwann habe ich mich gefragt, warum ich soviel Zeit und Geld in ein Unternehmen investiere, welches Millionen macht. 2012 kamen dann die zwei Schlaganfälle und ich habe mich langsam vom Fussball weg hin zum Tierrecht entwickelt. Das war eine sehr gute und auch wichtige Zeit. Ich trauere doch aber auch seit Jahren meiner Dauerkarte für Block 13 auf der Südtribüne nach. Vor allem, weil sie jetzt der damalige Mann meiner Cousine hat. Pfui! Egal. Diese Entwicklung war schon gut. Seit 2 Jahren bin ich jetzt wieder aktiv und das deutschlandweit. Vor allem für trans* Menschen in den Stadien, aber auch gegen jede Art der Diskriminierung in und um den BVB und deutschlandweit. Das macht Spass. Ist aber auch mit sehr vielen Privilegien und Kontakten verbunden. Fühlt sich manchmal schon komisch elitär an. Das ist wohl auch der Reiz daran.

17.00 Uhr AAAAH! Ich wollte nur eine Stunde pennen und daraus sind dann 3 geworden.

Oh, kacke! Ich habe Debbie vom MillernTon-Podcast bzw. „Female St. Pauli Stories“-Podcast fast vergessen. Schnell einen Lebenslauf zusammenpasten (wird ausgesprochen: zusammenpäisten) und ab dafür. Dieses Jahr sind schon einige Anfragen reingekommen. Auf das Interview mit Debbie zum Thema „trans* Fussballfans“ freue ich mich ganz besonders. Langsam fühle ich mich auch in der Fanszene von St. Pauli heimisch. schwarzgelbbraunweisse Liebe halt

18.00 Uhr Jetzt gibt’s das Freitagabend-Gemeinschaftsessen. Wenn Anfang der Woche die Wochenämter vergeben werden, gibt es zwei oder mehr Menschen (Uh, schon lange nicht mehr „Meermenschen“ von Moop Mama gehört), die für alle kochen. Heute gab’s Spaghetti Bolognese. Eine normale Pfanne mit gutem Fleisch und eine vegane. Boah, war das lecker.

19.00 Uhr Eine quartzen und wieder ein sehr gutes Gespräch mit dem Schalker (Ich werde langsam weich und benutze das böse Wort mit Sch) geführt. Da ich auf meiner Jacke einen „Stay queer, stay Rebel“-Aufnäher habe, hat er gefragt, ob ich den „nur“ aus solidarität habe oder ob da mehr dahintersteckt. (HAH! Welches Statement! Ich muss immernoch darüber lachen!) Nach meinem Outing hat er sich erst einmal nach meinen Pronomen erkundigt. Das war sehr schön. Vielleicht schaffe ich es heute noch, mich bei meinem Bettnachbarn zu outen. Ich weiss, er ist cool, aber irgendwie gibt es nie einen perfekten Zeitpunkt. Als wenn es diesen überhaupt geben kann…

20.25 Uhr Post feddich machen Schoki futtern und ne Runde Schach gegen den PC, also einer App und gegen den Computer. Auf dem Handy. Ihr wisst schon. Ich schreibe „Ihr“, weil mehr als zwei Leute behaupten, dass sie mein Zeugs lesen.

20.25 Uhr und 55 Sekunden Gute Nacht! Sodbrennen verpiss dich! Äh, komm gar nicht erst an!

Tag 3

Donnerstag, 13.04.2023 vermatscht

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, missgendern, Migräne

6.30 Uhr Vermatscht aufstehen. War wohl nicht genügend Schlaf… Erst einmal eine drehen und an die frische Luft gehen. Kaffe ist auch gut. Heute Nachmittag bekomme ich Hafermilch von R. geliefert. Keine Ahnung, worüber ich mich mehr freue. Doch, hab ich. Oder? Mhmm…

7.30 Uhr Kurze Morgenrunde „Ich habe gar nicht gut geschlafen, weil ich ab Mittag Migräne und den halben Tag verpennt habe. Auf’s Frühstück freue ich mich.“

8.00 Uhr Zwei Brötchen, drei verschiedene Marmeladen und schon wieder Honig. Wenn die Person(en) mir das schon zum Frühstück geben, will ich gar nicht wissen, was alles so unveganes im Mittagessen steckt… Hah! „Welches Statement hinter meinem Aussehen steckt!“ Ich lach mich immer noch kaputt!

8.15 Uhr Erst einmal das Tablett beim wegstellen mit einem lauten klirren auf den Boden fallen lassen. Alles voller Scherben. Das ist wohl allen schonmal passiert. Das ist auch okay, aber nicht, dass es mir passiert. Das geht gar nicht. „EY ANNY! Merkste selber, ne?“

8.30 Uhr Endlich wieder Werken. Hab voll Bock auf den Hocker, den ich bastle. Ich war schon in einigen Kliniken und Handarbeit habe ich immer gehasst. Hier habe ich total Böcke drauf und habe jetzt Angst, mich wieder überanzustrengen (ist das ein Wort? Also, ein richtig echtes?). Ich will nicht wieder Migräne bekommen. Mann ey!

10.00 Uhr Total verschwitzt und zufrieden erst einmal rasieren und duschen. Für heute scheine ich nichts mehr zu haben. AUCH KEINE MIGRÄNE! Hörst du!?!

11.30 Uhr Und, mit wem verstehe ich mich hier am besten? Genau. Mit dem Schlackefan. Voll gut gerade über lesbische Ehen (sie), das gendern generell gequatscht und mich bei ihr geoutet. Einfach toll. Naja, ausser, dass sie Fan von so einem Verein ist, aber da kann ja niemand etwas für. Ausser Schlackefans, die machen das extra! Vor 10 Jahren hätte ich tatsächlich nicht mit ihr geredet, weil ich das ein ganz klein wenig zu ernst genommen habe mit der Feind*innenschaft. Boah, bin ich ein hochnäsiges Arschloch gewesen. Die gute, alte Zeit…

12.10 Uhr Zum Mittag gab es Nudeln Bolognese, Selerie-Krautsalat (nenne ich es einfach mal) und eine Pflaume. Kann mich nicht beschweren. Mist!

13.00 Uhr Eine geraucht und auf dem Rückweg habe ich mich in den Klinikladen getraut. Ich bekomme zwar nachher Schoki und Co., aber das wird bei mir nicht schlecht. 7 Euronen und ein paar Kaputte für eine Tafel Schoki, ein Päckchen Plätzchen und eine kleine Flasche Fritz-Kola (ist das Unternehmen oder sie Besitzer nicht negativ aufgefallen? Irgend etwas uncooles war doch da.)

13.05 Uhr Mhmmm Schoki und Kola! 🙂 Wenn es etwas gibt, was ich aus meinem Tagesklinik-Aufenthalt 2018 in Wuppertal gelernt habe, dann ist’s Genuss. Ausser bei Schoki. Die inhaliere ich. Ich nehme mir immer vor, auch Schoki zu geniessen, aber das merke ich erst nach der Tafel.

15.00 Uhr R. war da und hat mir meine Schlappen und Schluckerzeugs gebracht. Wir haben noch im Klinik-Cafè zwei Cappuccinos gesüppelt und draussen eine geraucht. Das war so schön! Beim Taschepacken vorm Klinikgang habe ich eine Badehose eingepackt, aber keine Flip Flops und Hausschuhe. Das war schon ein wenig eklig, Barfuss die paar Schritte zum Zimmer zu latschen und nervig andauernd mit den Strassenschuhen rumzulaufen, aber diese Zeiten sind jetzt vorbei.

17.00 Uhr Letztes WE habe ich mir über ebay das ST. Pauli-Jubiläumsbuch bestellt. Dieses habe ich schon länger im Auge, aber es war mir immer zu teuer. Also gebraucht zu teuer. Soweit ich kann, kaufe ich seit ca. 5 Jahren alles Second Hand, ausser Unterbuchsen und Socken. Keine Ahnung, warum ich dabei so spiessig bin. Jetzt erst einmal ein wenig lesen.

18.00 Uhr Ich versuche seit ungefähr zweieinhalb Stunden an Schmerztabletten zu kommen, aber das Pflegezimmer ist nicht besetzt. Langsam wird der Druck im Kopf stärker. Vielleicht sollte ich mich vor die Tür legen, damit ich die Person nicht mehr verpasse…

18.10 Uhr Abendbrot war gut. Ich habe jetzt Schoko-Creme.

18.45 Uhr Ich habe endlich eine Ibu bekommen und gleich sogar ein Gespräch mit meiner Bezugspflege. Ich glaube, ich bin ihr zuvor gekommen. Ich habe nämlich gefragt, wer meine BP ist und sie sagte dann „Ja, ich wollte eh noch auf sie zukommen. Wir können gleich das Erstgespräch halten.“. Jau du, machen wa.

20.15 Uhr War ein gutes Gespräch. Es ging darum, worauf wir hier den Fokus legen möchten. Ich habe mich für Antrieb, meine kurze Zündschnur und Achtsamkeit entschieden. Ist echt kacke, wenn Mensch so viele Baustellen hat.

22.00 Uhr Gute Nacht. Endlich wieder pennen…