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Ein Wahllokal sollte ein save(r) space sein!

Ein Wahllokal ist ein öffentlicher Raum und natürlich kann dieser Raum nicht ansatzweise so gestaltet werden, dass er irgendwie als Savespace bezeichnet werden kann. Aber grundsätzlich sollte dies schon so gestaltet werden, dass es einzelnen Personen nicht besonders erschwert wird.

Dies wurde es mir aber. Ich habe mich dort vorgeführt und ausgelacht gefühlt. Dies geht gar nicht. Ich weiß, worauf ich mich einlasse, wenn ich einen öffentlichen Raum betrete. Es kann nicht sein, dass winzelne Menachen sich zu wichtig nehmen und ihre „Macht“ ausspielen. Dies kann ganz leicht verhindert werden, wenn eine der eingesetzten Personen ein wenig Empathie besitzt und ein klein wenig geschult wurde. Es darf kein „wir gegen die“-Gefühl aufkommen. Das kann sehr schädlich werden.

Zuerst veröffentliche ich meine dazugehörigen Postings, die ich gestern auf Mastodon getätigt habe. Darauffolgend schreibe ich die Situation auf und gehe zuguterletzt genauer darauf ein.

Die Postings: https://lsbt.me/@anny, 23.Feb. 2025, 10.47 Uhr

Ich werde morgen mit meiner dgti-Adresse eine Beschwerde an die Wahlleitung für Bochum schicken, da ich soeben im Wahlbüro in einer Grundschule in Bochum trans*Feindlichkeit, ob bewusst oder unbewusst, erfahren habe.

Wer sonst irgend etwas erfahren oder gehört hat, kann sich gerne (auch anonym) bei mir melden. Ich mache das auch sehr gerne für andere Städte, erledige aber zuerst Bochum. Da wir das „nur“ Ehrenamtlich machen, werde ich bei Bedarf den dgti-Vorstand mit ins Boot holen. Passt auf euch auf! Ihr seid nicht alleine.

Die dgti bietet heute von 17.30 Uhr bis 21.00 Uhr ein Onlineevent an. Um das Ganze ein wenig sicherer zu machen, muss Mensch sich dort vorher anmelden. https://dgti.org/2025/02/20/queer-gewaehlt-event-bundestagswahl-2025/ Niemand muss da alleine durch.

Das Kontaktformular für Nachrichten an mich gibt’s hier: https://dgti.org/beratungsstellen/beratungsstelle-nrw-bochum/

Oder ihr benachrichtigt sofort die Person in eurer Stadt oder Nähe. https://dgti.org/peerberatung-fuer-trans-und-inter/

#transfeindlichkeit #dgti #wahlen #BTW25

11.24 Uhr

Macht euch auf jeden Fall Notizen. Auch, wenn ihr denkt, ihr wollt nicht darüber reden. Vielleicht denkt ihr später doch anders darüber und ärgert euch, dass ihr es nicht mehr richtig wiedergeben könnt. Je mehr Details wir angeben können, umso besser.

11.27 Uhr

Ich habe soeben recherchiert und aufgeschrieben, in welchem Wahllokal ich war und welche Personen (Schriftführende und Wahlvorstand) mir besonderes und in welcher Form aufgefallen sind.

Das Erlebte:

Normalerweise wähle ich grundsätzlich per Brief. Leider hat es dieses Jahr nicht sollen sein. Somit musste ich zum ersten Mal, seit meiner Personenstandsänderung 2020, in ein Wahllokal gehen.

Die Augenschminke habe ich natürlich weggelassen und musste „nackt“ nach draußen.

Auf dem Weg zum Wahllokal habe ich mich schon ein wenig vor mir selbst geekelt. Ich war aufgeregt. Das ist mir zuviel des Guten. Ich bin nicht demokratiefeindlich aufgestellt, aber kritisch. Trotzdem bin ich dankbar dafür, (noch) in einer „Demokratie“ leben zu dürfen. Auch nutze ich meine demokratischen Möglichkeiten, wie ich kann. Aber allein aus der Wissenschaft wissen wir, dass wir vorsichtig sein sollten, wenn uns jemand etwas, als die einzige „Wahrheit“ verkaufen möchte. Ich verstehe Menschen nicht, die so demokratiehörig sind. Nachvollziehen kann ich es allerdings schon. Ich möchte kritischsolidarisch sein und bleiben.

Im Wahllokal habe ich meinen Ausweis und die Wahlbenachrichtigung bei einer der beiden Beisitzenden abgegeben und meinen Wahlzettel erhalten. R. brauchte ihren Ausweis nicht vorzeigen und hat ihn der Beisitzenden regelrecht aufzwingen müssen. Dies ist wohl ein Privileg, wenn dein gelesener Geschlechtsausdruck zum Vornamen passt.

Nach dem ankreuzen bin ich zur Schriftführenden gegangen. Nachfolgend mein Gedächtnisprotokoll.

Schriftführende zur Beisitzenden: „Hast du den Ausweis kontrolliert?“

Beisitzende: „Ja.“

Ich: „Der Vorname sagt nichts über das Geschlecht aus!“

Schriftführende: „Das ist Pflicht, dass wir die Ausweise kontrollieren….“

Ich: „Und ich muss darunter leiden?“ Schriftführende lacht und schaut genervt nach unten. Der Wahlvorstehende grinst und mindestens eine der Beisitzenden lacht laut.

Ich: „Das ist also lustig für Sie?“

Schriftführende: „Nein, aber es gibt nunmal Menschen, die für andere wählen…“

Ich unterbreche sie und werde lauter: „Aber sie hat’s doch schon am Anfang kontrolliert!“

Ich schau genervt und überfordert den Wahlvorstehenden an und gehe auf ihn zu: „Komm, mach fertig da!“. Er macht den Briefschlitz frei, ich werfe meinen Wahlzettel dort rein und stürme raus.

Mein Fazit:

Für viele ist meine Handlung in dieser Situation wahrscheinlich unverständlich und übertrieben. Aber ist sie das wirklich? Schauen wir mal genauer hin.

Für mich ist es ein großes Ding und dies seit Jahren. Seit 2020 bin ich vom Staat legitimiert (sic) als divers geführt und mein Vorname lautet Anny. Das sind fast 5 Jahre und ich würde es immer wieder tun. Trotzdem waren diese 5 Jahre auch eine ganz schöne Tortur.

Ich musste fast 3 Jahre mit meiner Krankenkasse darum kämpfen, angemessen angesprochen zu werden. Und dabei geht’s einzig und alleine um den Briefverkehr. Wenn ich dort anrufen oder sogar persönlich erscheinen muss, muss ich mich immer erklären.

Dies ist der Satz, den ich immer hören darf: „Das sind aber nicht Sie.“

Es wird also sofort davon ausgegangen und ausgesagt, dass ich nicht ich bin. Das bin ich mittlerweile gewöhnt. Trotzdem tut es immer wieder weh.

Und es nervt einfach. Und es ist diskriminierend. Und es ist nur ein Fall von vielen, die jeden Tag mehrmals passieren. Ich schreibe nicht „passieren können“. Es passiert mehrmals täglich. Aber gehen wir mal davon aus, dass es jeden zweiten Tag vorkommt, dass ich mich für mein Sein erklären muss.

Als Anfang nehmen wir den 21.10.2020 und als Enddatum den 31.12.2024. Dies sind genau 1532 Tage. Die Hälfte davon sind 766 Tage. In 4 Jahren musste ich mich nach dieser viel zu großzügigen Rechnung an 766 von 1532 Tagen mehrmals für mein Sein erklären. Das kostet Kraft, die ich oft gar nicht habe. Wir dürfen nicht vergessen, dass dies ist ein einziges runtergerechnetes Modell ist. Dazu habe ich noch andere Probleme und Herausforderungen zu überstehen.

Ich leide seit meiner Kindheit unter Depressionen und seit meiner Jugend unter so einigen Zwängen. Zudem begleitet mich auch noch eine Persönlichkeitsstörung und es fällt mir unglaublich schwer, unter (fremden) Menschen zu sein.

Alleine der gestrige Vorfall hat mich Stunden gekostet und das wird es auch noch weiterhin. Auf dem Nachhauseweg sind wir noch eine größere Runde durch den dortigen Wald gegangen. In dieser Zeit konnte ich mich kaum konzentrieren und musste immer wieder das zuvor Erlebte durchgehen und mein Handeln hinterfragen. Ich bin sämtliche Eventualitäten durchgegangen und musste ein Gefühlschaos nach dem anderen durchleben.

In den schlimmsten imaginären Fällen hätte ich entweder Stühle durch die Gegend geschmissen oder eine Sitzblockade vor der Eingangs-/ Ausgangstür veranstaltet. Und jedesmal ging’s von vorne los und ich musste immer wieder durch diese Situationen und Gefühle.

Zu Hause habe ich mich dann sofort an Mastodon gesetzt, um schonmal einen kleinen Schlußstrich ziehen zu und diese Situation ein klein wenig loslassen zu können. Der Tag war für mich also schon vor dem Wahlergebniss hinüber.

Und heute, einen Tag später, geht’s natürlich weiter. Ich muss jetzt eine Email aufsetzen und die Mailadressen des Wahlvorstands und der Stadt Bochum recherchieren. Zeit, die ich eigentlich anders verplant habe, was auch wieder meine Zwänge beeinflusst. Mein Tages-/Wochenplan wird daurch zerstört. Nicht verändert und auch nicht angepasst. Er ist einfach kaputt!

Diese „kleine“ Situation kostet mich mindestens 24 Stunden. Ganz abgesehen von den Zwangsgedanken, die mich Wochenlang verfolgen und immer mal wieder hervorkommen, wenn gerade keine Anderen stärker sind.

Darauf kann Mensch natürlich antworten: „Das können die Diskriminierenden ja nicht wissen, dass du auch noch andere Probleme hast.“ Das stimmt. Das sind meine persönlichen, ganz individuellen Probleme. Nichts destotrotz nehme ich das nicht mehr an und gebe alles weiter, was ich weitergeben kann. wenn ich die Kraft dafür habe.

Und auch, wenn es nichts persönliches war und die Leute einfach überfordert waren, war und ist es für mich etwas persönliches und hat für mich weitreichende Folgen. Dies hätte verhindert werden können, wenn alle einfach nur ihren Job gemacht und etwas Empathie besessen hätten.

Allerdings glaube ich auch mittlerweile leider, dass die Schriftführende mich absichtlich diskriminiert hat. Und leider gehe ich davon aus, dass meine Beschwerde nicht bis zu ihr durchdringt und ihr Handeln somit auch noch bestätigt wird.

Aber ich habe alles demokratische getan, was ich tun konnte und bin stolz auf mich, dass ich diese Kräfte gerade mobilisieren kann. Mein Wunsch verlangt eigentlich nicht viel und tut niemand anderes weh.

Ich möchte einfach nur eines: Ich möchte in der Masse untergehen und einfach so sein können, wie ich bin.

Zum Schluß darf auf meinem Blog natürlich keine „Musik des Tages“ fehlen. Zuerst einmal Creep von Radiohead, um mich runterzuholen und danach Converge mit Phoenix in Flames, um so richtig auszurasten, den Dreck abzuschütteln und weiterzumachen!

(Mir ist bewusst, dass die beiden Bands eine reine Typensuppe sind. Normalerweise achte ich auch immer darauf, auch andere Musikmachenden zu empfehlen, aber diese beiden Lieder haben mir gestern am meisten Kraft gegeben.

An die Führungsetage des BVB.

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Depressionen, Zwänge), trans*Feindlichekeit, Queerfeindlichkeit

Am 05.05.2024 habe ich mich schweren Herzens dazu entschieden, den Verein ein für alle Mal zu verlassen. Seit dem Transfer mit Felix Nmecha wurde ich immer wieder aufs Neue enttäuscht. Ich war beim dazugehörigen internen Gespräch mit Herrn Watzke zugegen und fühle mich immer wieder aufs Neue verarscht und unerwünscht. Auch wenn oder gerade weil, Herr Watzke etwas anderes gesagt hat.

Mit diesem Schreiben geht es auch nicht mehr um mich. Ich habe mit dem BVB abgeschlossen. Mir geht es jetzt nur noch um die engagierten Menschen innerhalb und außerhalb des Vereins, die sich tagtäglich aufs Neue die Mühe machen und ein angenehmeres Vereinsklima für alle Menschen zu schaffen. In meiner engagierten Zeit beim BVB durfte ich einige davon kennenlernen. Dazu zählen neben der CR-Abteilung, den Fanbeauftragten und der Fanabteilung auch die Rainbowborussen
(sic), Schwatzgelb.de und ballspiel.vereint!. Mittlerweile glaube ich nicht mehr, daß der Verein solch gute Menschen verdient hat und ich bitte darum, diese Menschen nicht auch zu vergraulen. Ihr braucht sie mehr, als andersherum.

Oder seid wenigstens ehrlich und macht es öffentlich, daß diese Menschen ein Muß für das äußere Bild des Vereins sind und nur deswegen geduldet werden. Dann könnt ihr euch einen Verein
züchten, den ihr auch nicht anders verdient habt. Ein extrem konservativer Verein, der es auch bleiben möchte, sollte dann auch nicht so feige sein und zu seinen „Werten“ stehen. Damit macht ihr es euch und den Menschen einfacher, die so viel innerhalb des Vereins machen.

Eigentlich wollte ich die Kündigung auch schon am 05.05.2024 abgeschickt haben. Allerdings war es mir sehr wichtig, zu meinen Worten vom 05.05. noch eine weitere Begründung aufzusetzen. Dies
fiel mir nicht leicht, schließlich beende ich eine enorm toxische, mir aber dennoch sehr wichtige Beziehung, in die ich sehr viel Zeit und Energie gesteckt habe. Diese Entscheidung hätte ich viel eher treffen sollen. Neben Zwängen und einer Persönlichkeitsstörung leide ich seit Jahrzehnten unter Depressionen. In den letzten Wochen bin ich wieder in eine schwere depressive Episode gerutscht, wobei der BVB nicht ganz untätig war. Mir ist natürlich bewusst, daß es für mich viele Faktoren braucht, um nach weniger als einem Jahr wieder mental ganz weit unten zu stehen. Aus Selbstschutz habe ich mich auch immer weiter vom BVB entfernt und einfach gehofft, daß die Zeit und der Führungswechsel sein Übriges bringen. Allerdings kam mir immer wieder neues zu Ohren,
was mir auch immer wieder sauer aufgestoßen ist. So etwas kann nicht gesund sein. Für mich kann der BVB nicht gut sein.

Diesen Text werde ich als Kommentar auf meinen LinkedIn!-Post und zusätzlich über meinen Mastodon-Account veröffentlichen.

Anbei noch meine Veröffentlichung vom 05.05.2024 auf LinkedIn!, auf den die Verantwortlichen des dortigen Accounts des BVB bis heute nicht reagiert haben. (Auch ein Eindruck, den ich in letzter Zeit viel zu häufig bekommen habe. Nichts nach außen kommen lassen und unangenehmes
totschweigen.Sehr elitär und feige, sich aber mit Taten wie dem letzten BVB-Aktionstag brüsten.)

@Borussia Dortmund
Marco Reus gestern so:"Die Jungs da auf der Tribüne sind einfach unfassbar!"
Welche Jungs? Die meisten wollen doch erwachsene, harte Männers sein! Und warte mal… Dort sind auch noch andere Geschlechter. Oder werden die hier mal wieder absichtlich ausgeschlossen?


Das war's für mich. Dieser "unbedeutende" Satz hat das Fass jetzt tatsächlich zum überlaufen gebracht.

Aber keine Sorge! Ich bin schon länger nicht mehr enttäuscht von euch. Ihr ekelt mich einfach nur noch an!
Warum sollte ich mir weiterhin meinen tollen Hintern für einen konservativen Verein aufreissen, der es noch nicht einmal hinbekommt, seine ewig gestrigen Vorzeige-Millionäre zu schulen?

Meine Mitgliedschaft werde ich heute kündigen. Bei ballspiel.vereint! werde ich auch kündigen und die tollen Leute dort nicht mehr unterstützen (können). Fotos der Blinden-Fußball-Bundesliga für die BVB Fan- und Förderabteilung? Pah! Ich werde einige machen. Aber nur noch für den FC St. Pauli von 1910 e.V. . Und das mit stolz!
Ich habe keine Kraft mehr für euch! Ihr habt's tatsächlich geschafft. Mir ist bewusst, daß ich kein "normaler Fan" und ich euch auch völlig egal bin. Auch, wenn A. Watzke in einem internen Gespräch gesagt hat, daß wir alle im Verein willkommen sind. Ich schaffe es noch nicht einmal mehr auf den Führungswechsel zu warten. Das war meine große Hoffnung.

Während des letzten Heimspiels gegen Stuttgart habt ihr andauernd dem Westfalenstadion auf den Banden zum Geburtstag gratuliert. Aber es ist euch zu teuer, die 5 Slogans "gegen Homophobie", "gegen Rassismus", "gegen…" während der Spiele mal einzublenden und macht dies nur vor dem Spiel? Schön den unangenehmen Fans ein paar kleine Happen vorwerfen und alles im Abseits klären und zeigen. Das ist die Devise dieses Vereins. Keine Böcke auf unangenehmes und alles
intern regeln, damit nichts nach außen kommt. Ihr zeigt seit dem Nmecha-Deal immer wieder, wo eure Prioritäten liegen.

Aber jetzt habe ich endlich folgende Aussage verstanden. Nämlich daß der Verein (noch) nicht bereit dazu ist, regenbogenfarbene Kapitänsbinden oder Eckfahnen zu benutzen. Diese wurde auf der Podiumsdiskussion des 4. BVB-Aktionstages "ScharzBuntGelb - Für mehr Vielfalt im Fussball. Gegen LSBTIQ*-Feindlichkeit" von einem Vertreter des Vereins getätigt. Der Name ist mir bekannt. Diesen möchte ich hier aber nicht nennen.

Danke für nichts. Ihr ekelt mich einfach nur noch an!
Ich wünsche allen engagierten Menschen innerhalb und außerhalb des Vereins alles Gute und ganz viel Kraft. Ich werde die, die ich kennenlernen durfte, nie vergessen. Ich hab euch lieb!

gez. Anny Nadollek (ein unnormaler und unerwünschter ehemaliger Fan)

#BorussiaDortmundTutWeh

Anny Nadollek Ruhrgebiet, 14.05.2024

Tag 51

Mittwoch, 31.05.2023 – Kulturtaschen-Punk

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, Schlafprobleme, Angespanntheit

Können Punks Kulturtaschen besitzen? Ist das dann noch true? Also, wegen Kultur und Punk. Das verträgt sich doch gar nicht. Ich habe keine Ahnung, aber seit gestern weiss ich auf jeden Fall, wie wichtig mir meine Kulturtasche ist. Diese habe ich nämlich am Montag zu Hause vergessen und konnte mir gestern Morgen nicht die Zähne putzen und mich rasieren. Oh! Putzen Punks sich überhaupt die Zähne? Oder geben es offiziell zu, dass sie es tun? Also putzen Punks sich heimlich die Zähne? Oder gar nicht? Bis zu welchem Schritt ist Punk dann noch Punk? Seitdem ein sehr guter Freund von mir, der Punk durch und durch ist, einen Golfarm hatte, glaube ich eigentlich auch mittlerweile an gar nichts mehr… Das ist Punk, das raffste nie!

6.00 Uhr Wir sind am Samstag umgezogen und haben so reingehauen, dass wir Fussball um 15.36 Uhr anmachen und schauen konnten. Dies steckt mir aber noch ganz schön in den Knochen. Ich will nicht aufstehen. Ich will pennen! Essen und trinken wäre auch noch akzeptabel. Kommt natürlich auch drauf an, um welche Speisen und Getränke es geht, aber ich gehe mal von schmackhaftem Zeigs aus. Da fällt mir ein: Denieren Punks Speisen und Getränke? Oder fressen Punks nur Pommes und trinken Hansa? Also zweiteres natürlich alkoholfrei, weil Queer Edge und so. Also nicht alle Punks, aber ein paar. Ach, lassen wir das.

7.00 Uhr mein neuer Bettnachbar ist voll nett und ich verstehe mich super mit ihm. Wir stehrn auch fast zur gleichen Zeit auf. Das passt ganz gut. Wir kommen uns auch nicht in die quere, wenn’s ums Zähne putzen geht. Weil ich ja Punk bin und nur zugucke, wie Normalos, Bürgis, etc. ihren Zähnen so etwas antun können. Also sich die Zähne putzen.
Ich kann jetzt endlich wieder meinen Tagesplan im Zimmer an meinem Tisch fertigmachen und brauche mich nicht ausm Zimmer schleichen. Find ich gut.

8.20 Uhr Wir stehen vorm Haus, in dem mehrere Kunst-Therapien stattfinden und rauchen uns noch eine. Wie jeden Morgen. Mittlerweile schmeckt’s mir gar nicht mehr und ich werde wohl zu meiner Entlassung am 06.06.2023 aufhören und kann mich dann wieder Queer Edge nennen. Beim Werken bin ich gerade dabei, die Beine so anzuspitzen, dass ich sie mit der Sitzfläche verbinden kann. Also reinstecken. Die Beine. In die Sitzfläche.

9.30 Uhr Jetzt schnell zurück zur Station und endlich rasieren. Das stressige daran ist, dass die Visite von Freitag auf heute verlegt wurde und ich mich für Freitag in einen der letzten Plätze eingetragen habe. Freitags habe ich erst Werken und im Anschluss bis 10.40 Uhr Musik. Mittwochs habe ich aber Werken und von 11.00 bis 12.00 Uhr Gruppentherapie. Die wollen mich jetzt in der letzten Woche ordentlich testen, ey. Als wenn es nicht reichen würde, dass der Feiertag am Montag die gesamte Woche kaputt macht. Okay. Ist ja eine gute Übung, da mir so etwas draussen ja auch passiert. ABER!
Ich hab’s aber geschafft, ohne mir das halbe Gesicht abzuschneiden, der übriggebliebene Bart ist auch okay und ich konnte noch in Ruhe einen Kakao trinken.

10.40 Uhr Letzte Visite hier für mich . Wir rekapitulieren nochmal die letzten 7,5 Wochen. Anfangs war ich sehr enttäuscht von mir extrem sauer auf mich, dass ich mal wieder in der Klappse gelandet bin. Ich dachte, ich bin momentan „besser“ aufgestellt und brauche das nicht, da ich gerade eine super Psychotherapeutin und einen BeWo-Betreuer habe. Die vorherigen Klinikaufenthalte habe ich auch in Frage gestellt. Jetzt weiss ich, dass jeder Aufenthalt wichtig war und mich zu der Person gemacht hat, die ich heute bin. Jeder verdammte Aufenthalt hat mir etwas gegeben. Und dieser hier genauso. Ich bin so froh, dass wir die Spannungskurve zusammen mit der Gefühlsliste täglich durchgehen. Auch meine Skills, die ich mir in den letzten Jahren erarbeitet habe, konnten wir verfestigen und es sind neue hinzugekommen. Die Depris sind nicht mehr so stark und die mit meinen Zwängen habe ich auch einen anderen Umgang gelernt. Gerade was das auf Fugen treten anbelangt, kann ich es jetzt ein wenig „ausleben“ und mir dadurch den Druck nehmen, der sich durch Fugen aufbaut und es baut sich weniger Druck gerade bei Fugen auf, bei denen es mir unmöglich ist, diese nicht zu treffen. Ist ein ungewohntes Gefühl, aber es tut mir gerade unglaublich gut.

12.00 Uhr In der Gruppentherapie konnte ich mich kaum konzentrieren. Ich war so fertig. Das ist gerade sehr anstrengend, aber ich weiss ja, wofür ich das Ganze mache. Jetzt erst einmal fuddern, 30 Minuten pennen und um 13.00 Uhr habe ich dann noch mein Einzelgespräch.

14.00 Uhr Auch im Einzel sind wir die Zeit in der Klinik und meine Vortschritte durchgegangen. Zum Thema Borderline sind wir 9 Anzeichen durchgegangen und wenn 5 davon zutreffen kann es sich höchstwahrscheinlich um eine Borderlineerkrankung handeln. wir kamen spontan auf 4. Der Therapeut wird im Abschlussbericht eine Tendenz zur Borderlineerkrankung aufnehmen, damit ich dies mit meiner Therapeutin nochmal durchgehen kann. Mal schauen. Aber zuerst werden wir mal das Zwangstagebuch etablieren, um zu schauen, welche Zwänge wie ausgebildet und belastend für mich sind.

15.00 Uhr schnarch…

17.00 Uhr Ich habe es zum ersten Mal überhaupt geschafft, auf dem Bett zu liegen und einfach „nur“ bewusst Musik gehört. Scheisse  gibt es geile Musik. Wir Menschen bekommen so gute Sachen hin. Das ist schon beeindruckend.

19.00 Uhr Mit der Pflege gehe ich noch kurz mein (Ent-)Spannungskurve durch und gehe im Anschluss noch spazieren.

21.00 Uhr 3 Kilometer sind’s geworden und jetzt sitze ich in der Cafèteria und mache mir eine Liste, bei welchen Unternehmen und Instutionen ich meine neue Adresse überall angeben will. Heute ist ein guter Tag. Und dass, obwohl mir der Feiertag die Woche kaputtgemacht hat. Ich habe es sogar geschafft, den Blog ein zweites Mal weiter zu führen, obwohl schon wieder neue Lücken entstanden sind. Gute Nacht! :-*

Tag 36

Dienstag, 16.05.2023 – Igelbälle 4 Life

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, Schlafprobleme, Anspannung, Überforderung

(Bildbeschreibung: Foto von meinem Nachttischchen. Auf diesem ist eine Flasche Wasser, ein kleiner gelber Igelball, ein grüner grosser Igelball, eine Pflaume, eine Birne, Tattoo-Creme und ein grosses Buch zu sehen, auf dem ein kleineres Sudoku-Rätselbuch liegt.)

Gestern hat mir mein Zimmernachbar erzählt, dass er nächste Woche schon wieder abhaut und, dass der Arschlochtyp heute gehen muss. Kann nicht sagen, dass ich mich besonders darüber freue, aber leid tut mir das auch nicht. Wer weiss, wie der Ersatz wird?

6.00 Uhr Der Wecker klingelt. Und welches Lied läuft gerade? Caught out there von Kelis: „I hate you so much right now!“ Passt!

7.00 Uhr Ich bin sehr schlecht aus dem Bett gekommen. Die Nacht war auch wieder sehr unruhig und mit Albträumen bestückt. Ich sitze jetzt im Gemeinschaftsraum, schreibe meinen Tagesplan und trinke Kaffee. Als ich fertig damit bin, kommt Arschlochtyp rrin und setzt sich mir gegenüber. Ich frage ihn, wie er sich fühlt und wir quatschen ein wenig. Ich glaube, er ist nicht rechts, ist verzweifelt und hat einiges zu kompensieren. Mit unpassenden Sprüchen scheint er zudem die Aufmerksam zu bekommen, die er braucht. Das soll nichts entschuldigen, aber erklären. Ich spreche es aber auch nicht an und wünsche ihm alles Gute. Danach verpisse ich mich erst einmal in mein Zimmer. Bin froh und stolz auf mich. Das war natürlich nicht perfekt von mir, aber früher hätte ich ihm noch einige Seitenhiebe mitgegeben und wäre eklig geworden. Das hat gerade oberste Priorität. Ich werde nicht aufhören, mich gegen Diskriminierung und Gewalt generell einzusetzen, aber jetzt arbeite ich daran, dass ich es so ansprechen kann, wie ich mir mein Verhalten wünsche. Ruhig, sachlich, auf Augenhöhe (bis zu einem gewissen Grad), klar und eindeutig.

9.20 Uhr Ich hatte heute gar keine Lust auf Musik. Musik bringt mir so viel, das Musik machen kostet aber auch einiges. Heute war allerdings in den drei Runden, Xylophon, Klavier und Hang Drum, zwischendurch leicht, nicht zu denken und einfach zu machen. Das war echt super. Trotzdem fühle ich mich danach immer sehr geschafft. Bin froh, dass ich dort war und es trotzdem durchgezogen habe. Als ich auf mein Zimmer komme, gönne ich mir erst einmal eine Pause mit Schach im Bett.

11.45 Uhr Stabübung und der innere Druck steigt kontinuierlich seit Stunden an. Und mit wem darf ich das heute machen? Mit meiner Freundin, die mich am Donnerstag zum heulen gebracht hat. Uah! Eigentlich genau das Richtige. Ich muss mit ihr zurecht kommen und wer weiss, wie die Stabübung mit ihr läuft. Ich war immernoch sehr überfordert und wusste nicht so ganz, was ich machen soll, aber in der Mitte der Übung lief’s ganz gut. Glaube ich zumindest. Ich bin so froh, dass ich das jetzt hinter mir habe. Ich will’s ja weiter versuchen, aber es kostet auch immer wieder ordentlich Überwindung.

12.30 Uhr Nach dem Mittag schnell ins Bett. Ich bin echt fertig.

13.20 Uhr Ich gehe zum Pflegezimmer und frag nach, wo die medizinische Sprechstunde stattfindet. „Eigentlich hier, aber ich rufe die Frau Doktor mal an und frage nach, ob sie jetzt gerade überhaupt Zeit hat.“ Natürlich hat sie gerade keine Zeit und kommt Nachmittags auf mich zu. Also wird das nichts, weil ich nicht stundenlang auf Abruf bleibe. S. will mich am Nachmittag auch spontan besuchen und wir wollen mit Kind und Hunde eine kleine Runde durch den Wald. Gut, dann kann ich jetzt erst einmal weiterpennen. Das macht mich schon wieder fertig. Werken fällt diese Woche wegen Urlaub aus, der Feiertag kommt dazu und jetzt wird mir mein heutiger sehr voller Tagesplan wieder einmal kaputt gemacht. Dann schlafe ich halt.

14.30 Uhr Jetzt fängt Depri-Logik an. Ich quäle mich mal wieder aus dem Bett und gehe in Richtung Gemeinschaftsraum. Als ich unterwegs auf meinen Terminplan schaue, lese ich „fällt aus“. Echt jetzt? Bett!

16.00 Uhr Jetzt habe ich das Pflegegespräch. Meine Bezugspflege habe ich schon gesehen. Das wird also wohl stattfinden. Wenn nicht, könnte ich mich eigentlich ins Bett verziehen. Schon lange nicht mehr gepennt… Nein! Es findet statt. Wow! Wir gehen nochmal alles durch und schauen, ob wir etwas verändern müssen oder wollen. Alles super. Ich fühle mich gerade etwas zurückgeworfen, weil wir erst letzten Donnerstag eine neue, sehr tiefsitzende Baustelle geöffnet haben und diese Woche nicht ist, wie die letzten zuvor. Das macht mir gerade ordentlich zu schaffen, aber ich weiss ja, woher es kommt und versuche es so anzunehmen. Auch die (Ent-)Spannungskurve zeigt, dass es gerade etwas turbulent bei mir zugeht.

18.00 Uhr Vorm Spaziergang bin ich noch schnell in das kleine Lädchen und habe mir einen kleinen und einen mittleren Igelball geholt. Mal schauen, wie und wann ich diese einsetzen kann. Nach dem Spaziergang gibt’s Abendessen. Endlich ein festes Ritual, welches mir Halt und Sicherheit gibt. Fast! Meine Mitpatient*innen haben Tomate-Mozarella-Häppchen gemacht und einen Teller extra vegan gehalten. Aus Höflichkeit nehme ich mir zwei und integriere sie in mein Essen. Dabei ist mir aufgefallen, dass es gar kein Desinteresse an neuem ist, sondern auch beim Essen bei mit so bestimmte Abläufe existieren, die mir Sicherheit geben, solange sie nicht durchbrochen werden. Es gibt Abends drei Scheiben Brot und drei kleine Schälchen mit Aufstrich. Diese esse ich zuerst. Also zuerst deftig, dann das Süsse Zeugs. Dann kommt der wechselnde Salat und zum Schluss der Eiersalat. Als mir das Aufgefallen ist und der Druck schon wieder gestiegen ist, weil noch einige Häppchen übrig waren, habe ich das so kommuniziert, dass ich das gar nicht unlecker fand, aber mein Programm durchziehen möchte. Das wurde dann auch von allen verstanden und die Häppchen anderweitig verteilt. Das lief gut. Ich habe das nicht nur erkannt, ich habe es kommuniziert.

18.45 Uhr Ich sitze auf meinem Bett und denke so:“ Ach, du warst doch vorhin spazieren, dann kannste dich jetzt auch schon hinlegen.“ Boah, hau aaab! Ich ziehe das jetzt durch und mache meinen allabendlichen Spaziergang. 4 km in 42 Minuten. Geht doch. So, jetzt noch mit R. telefonieren, ab ins Bett und noch ein wenig Schachten. Oh, die ISS-App habe ich heute ganz vergessen. Einmal am Tag will ich dort reinschauen, also mache ich das noch. Gute Nacht!

Anny’s Ohrwurm des Tages:

Ashnikko – Clitoris! The Musical

Tag 35

Montag, 15.05.2023 – Ich bin so Wissenschaftsaffin, ich höre sogar Mathcore

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, Sodbrennen, Schlafprobleme, Angespanntheit, Tierausbeutung, Rassismus

(Beitragsbild: eine Fotonahaufnahme eines Teils von einem Bandshirt der Mathcore-Band IWrestledABearOnce, auf dem Yoda aus Star Wars zu sehen ist und der Bandname in Yodas Sprache abgebildet ist: A Bear Once I Wrestled)

Meine Nacht war gar nicht gut. Sehr unruhig, oft wach geworden, lange gebraucht, um wieder einzuschlafen, zweimal aufs Klo gemusst und Sodbrennen. BAH! Gestern Abend erzählt mir mein Bettnachbar, dass er gerne Angeln geht und, dass er kein Rassist sei, aber mit bestimmten Arten von Ausländern nichts zu tun haben möchte. „Ist so’n persönliches Ding.“ Dat kannste dir nicht ausdenken. Also schon, aber das ist so passiert. Schwör!

7.23 Uhr Ich sitze alleine im Gemeinschaftsraum und warte auf die Morgenrunde. Heute kam ich echt schwer aus’m Bett. Gut, dass diese Woche Werken ausfällt. Das bedeutet Morgens weniger Stress, aber auch 4 Tage, in denen der Hocker nicht weiterbearbeitet wird.
G. meine Sitznachbarin beim Essen kommt rein und fragt nach einer Zeitung. „Die aktuelle Tageszeitung kommt immer mit dem Frühstück zusammen.“ sag ich. Daraufhin kramt sie in der Zeitungsablage und holt sich eine „Rute und Rolle“. Eine Angelzeitung. Wer die wohl dort abgelegt hat? Ich könnte wahrscheinlich auch Anglerzeitung schreiben, das weiss ich aber nicht. Vielleicht schaue ich mir den Scheiss mal an. Jetzt liegt hier schon Tierqual-Propaganda rum. Ich könnte ja auch mal eine Tierbefreiung, Graswurzel Revolution oder ein Antifaschistisches Infoblatt auslegen? Für den Skeptiker mache ich keine Werbung, nachdem in der GWUP so viel Kacke passiert ( #GWUPGate #NoABA #GegenTransfeindlichkeit )¹. Keine Ahnung, ob ich zum zweiten Mal dort austrete. Ich warte jetzt die Mitgliedsversammlung am 20.05.2023 ab, weil ich weiss, dass dort einige coole Leute hinfahren. Ich habe gerade keine Kraft dazu. Solidarische Grüsse an die coolen GWUPler*innen!

8.10 Uhr Beim Frühstück geht’s um den SodaStream und, dass die ein neues Anschlusssystem für die Gasflaschen haben, damit mensch keine Alternativen dort anschliessen kann und ob sich wohl bald die ersten kleinen Firmen an diesen Verschluss austoben. „Da machen die sich dann aber strafbar, wenn das patentiert ist!“ ArschlochTyp:“ Das ist den Chinesen egal!“ Puh! Ich habe mich innerlich auf eine Ansprache vorbereitet, seitdem er mit am Tisch sitzt. Aber während ich „schnell“ nochmal darüber nachdenke, wie ich das nochmal anspreche und was er zuvor noch alles von sich gelassen hat, haben die schon lange ein neues Thema. Ich musste auch noch drüber nachdenken, ob das Thema nicht zu „grauzonig“ für meine Ansprache beim ArschlochTypen ist. Nein, ist’s nicht, aber ich habe zu lange darüber nachgedacht. Verdammt! Das nächste Mal kommt bestimmt. Leider!

12.00 Uhr In der Gesprächsgruppe ging’s heute um Zwänge. Ich hätte da einiges zu beitragen können, aber jedesmal, wenn ich sagen wollte, dass ich für mich Ticks/Schrulligkeiten erst Zwänge nenne, wenn sie mich negativ beeinflussen, einschränken oder ähnliches, war jemand anderes schneller oder ich musste drüber nachdenken, ob ich mit diesem Satz anderen etwas abspreche. Ich will auch gar nicht so viel Platz einnehmen. Ich bin mir nicht sicher, was ich von der Runde halten soll. Sie war auf jeden Fall sehr aufwühlend. Nach dem Essen erst einmal eine Runde pennen mit lauten Bohrgeräuschen im Hintergrund. Die Klinik ist ja schon länger eine Baustelle. Beim Tinnitus ist der Vorteil, dass er durchgehend ist, das Bohrgeräusch macht mir zu viele Pausen und ist ja auch nachmittags fertig…

15.18 Uhr Ich warte in der Küche auf meinen Therapeuten, trinke einen Kaffee und spiele Schach auf dem Handy. Wir hatten uns für ab 15.00 verabredet und ich weiss nicht, in welchem Zimmer er gerade sitzt. Als er um die Ecke kommt, grinst er mich an und nickt mit dem Kopf. Ich mag ihn. Cooler und sympathischer Typ. Es geht um eine Verlängerung um 2 Wochen und um Migräne-Medis. Kurz und knapp: Wir denken beide, dass anhand der neu eröffneten Baustelle mit den Mikroaggressionen eine Verlängerung richtig wäre. Bezüglich der Medikation trage ich mich im Anschluss auf die Liste für die medizinische Sprechstunde an der grossen Orgatafel ein. Läuft…

17.55 Uhr Ich habe mich nach dem Gespräch aufs Bett gelegt und einfach nur Musik gehört. Ich hätte auch nichts gegen Schlafen gehabt, aber das war mal eine ganz neue Erfahrung. Ab 18.00 Uhr gibt’s Abendbrot.

18.30 Uhr Während ich auf die anderen warte, blättere ich die Anglerzeitung durch. Keine einzige weiblich gelesene Person. Eine Urmenschen-Zeitung, richtig schön oldschool. Harter Männersport für harte Männer! Angeln ist kein Sport, Angeln ist Tierquälerei und Mord. Ich bin dahingehend sehr extrem, aber ich kann und will mir nicht vorstellen, dass es den Lebewesen gut tut, mit einem Haken im Maul am eigenen Gewicht hochgezogen zu werden. Sorry! Bin da doch sehr voreingenommen. Ach so, und Mord ist’s ja auch noch. Selbst, wenn die Fische aus dem Wasser getragen würden. Auch dahingehend bin ich sehr voreingenommen…

18.50 Uhr Gerade ist die Stationsversammlung, bei der die Wochenjobs vergeben werden, vorbei und im Anschluss wird nochmal nachgefragt, ob es allgemeine Anmerkungen oder Wünsche gibt. Ich bin so stolz auf mich, dass ich einen kleinen Anfang geschafft habe, indem ich angesprochen habe, dass ich ständig in den Gemeinschaftsräumen die Lichter ausmache, wenn sich dort niemand aufhält und darum gebeten, dass alle mal darauf achten. Es gab entweder Zustimmung oder Enthaltungen. Naja, ist ja auch ein polarisierendes Thema. Ich habe den ersten Schritt geschafft. Apropos Schitte: Ich zwinge mich jetzt zu einem Spaziergang im Wald. Auch das habe ich ab Donnerstag schleifen lassen.

20.45 Uhr 40 Minuten gelatscht, mit R. telefoniert, noch eine gequalmt und jetzt ab ins Bett. Gute Nacht! :-*

Anny’s Ohrwurm des Tages:
Iwrestledabearonce – Danger in the Manger
https://youtu.be/o_6lI1t0qMM (Der keyboardspielende Hund ist der coolste!)
Wikipedia:
„Iwrestledabearonce (abgekürzt IWABO) war eine 2007 gegründete Mathcore-Band aus Shreveport, Louisiana, die beim deutschen Label Century Media unter Vertrag stand. Ihre Musik ist eine Mischung aus Jazz, Swing, Electronic und Deathcore. In ihrer Karriere veröffentlichte die Band eine EP und vier Alben. Iwrestledabearonce trennten sich im Jahr 2016.“

¹ GWUP-mässig kann hier nachgelesen werden, was da so los ist: https://mela.de/blog/2022/12/16/transfeindlichkeit-und-die-gwup/ (mit weiterführenden Links zum Thema ABA.)

Wochenende Nr. 5

Samstag und Sonntag, 13. + 14.05.2023 – 666 That’s the Number of my Chess-Points

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, Schlafprobleme, Angespanntheit

(Beitragsbild: Screenshot aus der Chess.com-App – auf der unteren Hälfte sind die obersten 2 Reihen eines Schachbretts mit mehreren weissen Schachfiguren zu sehen, in der oberen ist ein fast voller Ladebalken und dort drüber die Zahl 666 zu sehen)

Ker, wat ein produktives Wochenende, ey. Gestern viel in der neuen Wohnung geschafft und heute in der alten. Wir haben gestern sogar zum ersten Mal in der neuen Wohnung geschlafen. Schön, im Bett Fussball geguckt, bzw. während dessen eingeschlafen. Dortmund habe ich halbwegs noch mitbekommen, St. Pauli leider gar nicht mehr. Meine Nacht war auch wieder einmal sehr unruhig und R. hatte dadurch eine sehr kurze. Ich war heute Morgen allerdings nicht ganz so gerädert.

Samstag

7.00 Uhr Warum sollte ich heute um 6.30 Uhr oder so aufstehen? Da bleib ich lieber noch ein wenig liegen. Mein Bettnachbar bleibt mir aber zu lange liegen, weswegen ich dann doch eher als er aufstehe. 7 reicht aber völlig. Wir haben’s ja abgemacht, dass ich das Licht in der Waschbeckenecke anmachen kann. Ganz gemütlich Zähne putzen und danach duschen gehen. Danach habe ich dann noch genügend Zeit, meinen Wochenendplan zu kontrollieren und auszufüllen. Einen gemütlichen Kaffee kann ich auch noch dazu trinken.

7.45 Uhr Der Wagen mit den Frühstücktabletts steht schon bereit. Cool! Dann verteile ich mal das Zeugs. Ich bin schon bal in meiner sechsten Woche und kann mir immernoch nicht alle Namen und die Sitzplätze merken. Und das, obwohl ich jeden Morgen das Essen verteile. Egal, gibt wichtigeres! Zum Beispiel futtern. Während ich die Tabletts verteile, fällt mir auf, dass es sein kann, dass sich am Wochenende alle selbst die Tabletts aus dem Wagen nehmen, weil nicht alle bis zum Frühstück hier sind. Verdammt! Was mache ich denn jetzt? Ich habe die Verantwortung für das Zeugs übernommen, als ich’s verteilt habe! Noch hat mich niemand gesehen. Ich könnte sie wieder zurückstellen, aber, wenn mich dann jemand damit sieht, dann wird’s peinlich. Ich könnte auch einfach nachfragen, aber, wenn mir dann gesagt wird, dass die Tabletts nicht verteilt werden, kann ich die eine hälfte nicht einfach so stehen lassen und es gibt Zeugen. Einfach weglaufen wäre das einfachste, aber ich will frühstücken! Puh. Einfach jetzt hinsetzen und so tun, als wenn ich den halben Tisch nicht gedeckt habe? Was ist, wenn das aber schon jemand mitbekommen hat? Dann muss ich nachher Rede und Antwort stehen. Ich ziehe das jetzt durch und mache den Tisch fertig.

7.50 Uhr Ich sitze am fertiggedeckten Tisch und esse in Ruhe. Was ist, wenn das doch jemand mitbekommen hat? Das lässt mich nicht in Ruhe. Mal schauen, was die Leute sagen, wenn sie hier reinkommen, dann kann ich immernoch spontan darauf reagieren. Vielleicht tue ich doch einfach so, als hätte ich den Tisch schon so vorgefunden… Die sind alle noch so verballert, dass es den meisten gar nicht auffällt, was hier passiert ist. Dann kann ich ja beruhigt weiterfuttern. Oder? Ich mach einfach. Keine Ahnung, wie ich nächstes Wochenende damit umgehe. Muss ich mir auch jetzt noch keine Gedanken drüber machen. Das ist das Problem des*der zukünftigen Anny’s.

8.30 Uhr Und Tschüss!

Sonntag

17.50 Uhr Ich laufe schnellen Schrittes und voller Angst davor, doch zu spät zu sein zum Pflegebüro. „Hallo, ich wollte mich zurückmelden!“ „Hallo, Anny Nachname, schön Sie zu sehen.“ „Danke, dito!“ Puh, alles gut. 18.00 Uhr ist richtig und ich bin nicht zu spät. Jedesmal die gleiche Scheisse. Aber, was ist, wenn es einmal anders läuft und ich bekomme das nicht mit? Das macht mich fertig. R. hat mir im Auto auch schon gesagt, dass ich nicht zu spät dran bin, aber, wenn das so einfach wäre, wäre ich nicht öfter mal in der Klappse. Vielleicht kann ich auch da mal dran arbeiten, aber bei den ganzen Baustellen, bin ich froh, wenn wir irgendwas abgearbeitet bekommen. Gefühlt ist andauernd etwas Anderes im Vordergrund und benötigt aufmerksamkeit. Ich bin aber sehr froh, dass wir hier und jetzt den inneren Druck und mein Problem mit den Ansprechen von Scheisse, ohne, dass ich in die Luft gehe, anschauen. Das scheint es auf jeden Fall schon sehr nötig zu haben. Oder ich. Oder wir. Also, das Problem und ich. Also, du weisst schon…

18.30 Uhr Alle Taschen sind aus- und Schrank ist eingeräumt. Ich liege aufm Bett und schachte ne Runde. Plötzlich geht der Gong. Kacke! Beinahe zu spät zur Wochenendrunde gekommen. Ich war aber nicht die einzige und letzte Person, weswegen der Gong wohl auch benutzt wurde. Die Runde ist kurz und schmerzlos, da wir 1, 2 positive Sachen vom Wochenende erzählen und kurz unsere Nacht ansprechen sollen. Jetzt erst einmal eine Abschluss-Kippe ins Gesicht stecken. Ich gehe extra hinten raus, weil dort immer weniger los ist. Nur nicht heute. Egal, das erste Häuschen ist meistens besetzt, gehe ich halt zum zweiten um die Ecke. Alter*! Verarschen? Gehe ich halt… Okay hinten ist’s gerade einfach voll. Dann drehe ich mir eine im Gehen und schlendere halt zum Haupteingang. Hier kann ich mich wenigsten an einen Aschenbecher stellen und in Ruhe ein paar Züge geniessen. Am schlimmsten sind allerdings die Fugen am Haupteingang. Das ist immer unangenehm. Egal. Im Innenhof kann ich mich mittlerweile fallen lassen und nur die heilen Steine betreten, ohne die Fugen zu berühren. Das nimmt ordentlich Druck raus. Überall sind zwar Fenster, aber wo sollte ich das denn sonst ausleben, wenn nicht hier? Gute Nacht! <3

PS: Schlake, vielen Dank für nichts! 🙂

Tag 32

Freitag, 12 05.2023 Ironie des winzigen Lebens

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, trans* Feindlichkeit, Sodbrennen, Schlafprobleme, Angespanntheit, Privilegien, Rassismus

(Beitragsbild: Screenshot aus der ISS Live Now – App; links ein Fenster mit einer Karte der Erde, die anzeigt, wo sich die ISS gerade befindet; rechts ein Fenster mit einem Livebild der Erde aus Sicht der ISS)

Meine Nacht war, wie zu befürchten, sehr unruhig und ich lag um 3.00 Uhr kurzzeitig wach. Als ich da so lag, dachte ich darüber nach, ob ich den Blog, nachdem ich wieder in freier Natur bin, löschen soll. Es ist irgendwie jammern auf hohem Niveau. Eine privilegierte, weisse, männlich gelesene Person, die jederzeit stealth fliegen kann, mit privilegierten Problemen, geht an den Ungerechtigkeiten dieser Welt psychisch kaputt. Das ist doch Ironie! Schliesslich profitiere ich selbst sehr von diesen Ungerechtigkeiten. Ich werde darüber noch nachdenken und mich im Nachhinein entscheiden, ob ich den Blog lösche oder nicht. Gute Na… Äh, ne. Da stimmt etwas nicht so ganz!

7.13 Uhr Ich sitze im Gemeinschaftsraum, bin fertig mit meinem Tagesplan, habe meine Medis abgeholt, trinke Kaffe und habe die „ISS Live Now“-App auf meinem Handy wiederentdeckt. Diese kann ich allen mit Smartphone empfehlen. Es gibt bestimmt auch eine PC- oder Browser-Version. Für mich habe ich jetzt einen neuen Skill entdeckt, welchen ich jetzt in Anspannungszeiten ausprobiere. Ich liebe die Live-Bilder von der Erde und gerade die Zeitraffer-Videos sind einfach genial. Wir sind so winzig und nehmen uns so ernst.

10.15 Uhr Meine Musiktherapeutin kommt mal wieder zu spät. Es ist ihr sichtlich unangenehm, weil wir so schon gestartet sind und ich eigentlich immer auf sie warte. Ich habe mir allerdings angewöhnt, auf mich zu achten. Für mich ist’s meistens super, wenn ich pünktlich bin. Dies habe ich überwiedgend selbst in der Hand. Was andere machen, ist mir bis zu einen gewissen Punkt relativ egal. (So hätte ich das generell gerne, gerade bei Arschloch-Alarm!) Sie sagte mir, dass ich das Recht habe, sauer auf sie zu sein. Es kam mir ja auch gerade recht, allerdings war ich zu feige, das anzusprechen. Musik machen ist unglaublich befreiend und gleichzeitig sehr harte Arbeit für mich. Wenn die Stunde verkürzt wird, habe ich damit auch kein Problem. 🙂

11.00 Uhr Schnell zurück auf die Station und gucken, ob ich gleich schon in die Visite kann. Jau, eine Person ist gerade drin und dann darf ich. 5 Leutchens sind heutchens, die dich anschauen. „Sie wissen ja mittlerweile, wie’s hier läuft?!“ „Äääh, wer bist du nochmal?“ Ich kann mir Namen und oft auch Gesichter nicht gut merken. Besonders in solch stressigen Situationen. „Jau. Ich benutze fleissig die (Ent-)Spannungskurve und schaue mir in der Gefühlsliste an, welche positiven Gefühle zu der Zeit im Vordergrund liegen. Ich weiss nicht, ob die Situationen von geestern schon bei Ihnen angekommen ist?“ „Ich weiss bescheid, das besprechen wir gleich im Einzel. Passt 14.00 Uhr?“ „Ey! Wofür mache ich eigentlich meinen kack Tagesplan?“ Um zu üben… Bah!(Anm. der Redaktion: Nicht wortwörtlich aus der Erinnerung aufgeschrieben!)

14.00 Uhr Ich will nicht zu der Fremden! Ich will mit meinem Bezugstherapeuten sprechen, mit dem ich sogar schon zusammen geweint habe. Also, ich habe geheult und er konnte und wollte seine Tränen nicht verbergen. Egal. Die obergrosse Baustelle ist ausgesprochen. Jetzt kann alles hilfreich sein. Ich will offen bleiben und jede Hilfe annehmen, die ich bekommen kann. Frau B. ist sehr nett und empathisch. Sie will mir helfen und mir die Chance geben, hier im sicheren Raum zu üben. Ich hab’s befürchtet. Ich soll üben! :-O Warum ka ann sie mich nicht einfach hypnotisieren und/oder mir einen MMS-Einlauf verabreichen und alles ist super, kleiner Puper!?! AH! Weil’s fürn Arsch ist und nichts bringt. Verzeihung! Ich will mich nicht über Schwurbler*innen lustig machen und mich schon gar nicht über sie stellen. MMS ist eine Angst-Wirtschaft und sehr gefährlich! Kindern wird der Scheiss verabreicht und die Darmwand dadurch angegriffen. Das ist nicht lustig und die meisten Menschen, die auf so etwas zurückgreifen sind mit diesem komplexen Leben überfordert und haben Angst. Zurück zum Angebot! Ich werde ab jetzt versuchen, in Ich-Botschaften Scheisse anzusprechen. Davor habe ich Angst. 1. Mache ich mich noch angreifbarer und 2. habe ich Angst zu explodieren und beleidigend zu werden. Das will ich nicht. Jetzt erst einmal pennen. Das Ganze hier kostet so viel Kraft, aber ich bin auf einen guten Weg.

18.00 Uhr Freitags ist Kochgruppe. Es gibt Linsen-Mango-Curry. Lecker. Beim Essen gucke ich auf die Uhr und sage mit einem Schmunzeln zum Schalker:“Oh, wir haben 19.09 Uhr!“, und denke mir so:“ Kacke! Ich habe mich um 19.00 Uhr fürs Gespräch über die (Ent-)Spannungskurve eingetragen.“ Scheiss drauf! Die Person weiss, dass das Freitag-Abend-Essen immer später kredenzt werden kann. (Kredenzen musste ich nicht nachgoogeln. Schwör auf alles! Ausser auf Tiernahrung!) Dadurch, dass die Pflegegespräche oft eng getacktet sind, musste ich mich auf 20.00 Uhr umtragen. Kein Problem. Mein Tagesplan ist eh schon lange im Arsch! Ausserdem ist das Gespräch bei meiner Bezugspflege und die mag ich. Und, wer schreit beim Essen rum:“ Oh du hast braun gesagt! Das ist rassistisch! Hahaha!“ Warum kann ich dem nicht einfach aufs Maul hauen? Das wäre theoretisch einfacher, wenn ich dahingehend Erfahrung hätte. Ich habe das Gefühl, dass er immer lauter wird, weil niemand drauf eingeht. Jetzt, wo ich die Rückendeckung von Seiten der Klinik habe und ich unbedingt etwas an mein Verhalten ändern will, ist’s trotzdem nicht einfacher… Es muss nicht beim allerersten Mal klappen. Es muss noch nicht einmal bei dieser Person klappen. R. sagte mir am Telefon, dass derTyp die Königsdisziplin ist. Vielleicht versuch ich’s erst einmal bei jemand anderes. Draussen hätte ich in seinem Fall kein Problem, mein Maul aufzumachen und rumzumackern, aber rummackern will ich ja gar nicht mehr! Wollte ich nie. In der Tierbewegung habe ich mir damals dahingehend einen Namen gemacht. Ich bin echt froh, dass das vorbei ist. Nicht falsch verstehen. Diese Zeit hat mich geprägt und mich zu der Person gemacht, die ich heute bin. Ich kann jetzt mit Sicherheit sagen, dass dieses sich gegenseitige Zerfleischen innerhalb der Tierbewegung nichts für Mutters Kindchen ist.

21.00 Uhr Nach dem Spaziegang noch das Bundesliga-Spiel zwischen Köln und Herta anmachen. Was für ein Tag! Was für eine Woche. Ungefähr so, wie das Spiel. Also ungefähr. Oder auch doch ganz anders. Keine Ahnung. Kann nicht mehr denken. Gute Nacht!

PS: Danke schonmal an S04, dass ihr uns morgen zur Meisterschaft verhelft. Schade, dass ihr trotzdem absteigt. Ne! Das tut mir nicht leid! Noch nicht einmal ein klein wenig. Sorry. Ne! Auch das nehme ich wieder zurück!

Tag 31

Donnerstag, 11.05.2023 überfahrene Leichtigkeit

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, missgendern, Gewalt in der Sprache, Rassismus, Angespanntheit

Meine Nacht war dieses Mal nicht ganz so unruhig, aber dafür hatte ich wieder ordentlich Albträume. Keine Ahnung, was mir lieber ist. Egal, ich fühle mich fit und ich halte mich daran fest.

6.33 Uhr Ich sitze wieder im Gemeinschaftsraum, trinke Kaffee und schaue mir die Gefühlsliste an. Diese kann ich auch echt gut gebrauchen, wenn ich Abends den Tag nochmal durchgehe. Dies möchte ich jetzt regelmässig machen und mir die schönen Dinge des Tages in meinen Tagesplan schreiben. Kacke! So eine Depression und/oder anderweitige psychische Erkrankungen können ganz schön aufwendig sein.

9.30 Uhr Nach dem Werken gehen wir vor die Tür und rauchen eine. Das ist das Ritual, welches wahrscheinlich schon seit Generationen weitergegeben wird. Plötzlich kommt eine Person dazu, die mir schon länger mit Sprüchen auf den Sack geht. Ein junger Typ, der zu allem etwas zu sagen hat. Immer ganz charmant, freundlich und einen lockeren Spruch auf den Lippen. Folgendes Gespräch: Typ:“ Die neue ist schon mit ihrem Mann da und wartet darauf, dass ihr Zimmer frei wird.“ „Wie alt ist sie?“ „Konnte ich nicht erkennen. Sie trägt einen Turban. Ha! War nur Spass blablablabla“ (Anm. der Readktion: Sie trägt ein Kopftuch!) Ich habe keine Ahnung, wie lange ich diesen Typen noch aushalte? Ich will hier gesunden und mich nicht auf politische Diskussionen einlassen. Ich kann das gerade echt nicht. Alle anderen anscheinend auch nicht. Ich muss dahingehend etwas machen. Es dauert nicht mehr lange und er bringt mich zum explodieren. Das soll hier doch mein Safespace sein.

10.30 Uhr Schnell duschen und ab ins Pflegegespräch. R. hat mich die letzte Woche darin bestärkt meine Probleme mit der Gewalt in der Sprache meiner Mitpatient*innen anzu sprechen. Dies wollte ich eigentlich gestern im Einzelgespräch mit meinem Therapeuten machen, nutze aber jetzt meine echt liebe und auch professionelle Bezugspflege. Das ist verdammt schwer, aber ich spreche es an. Sie ist auch sofort bei mir und versteht, warum ich mir das hier nicht erlauben will, gewaltvolle Sprache generell anzusprechen. Wo sollte ich da die Grenze ziehen? Kann und will ich nicht. Auch das versteht sie. Wir wollen jetzt genauer drauf schauen und dafür sorgen, dass ich mir einen Schutzschild aufbaue. Die erste Stufe ist dieser, dass ich mich nicht selbst betreffende Diskriminierung besser wegstecke und danach folgt die Stufe mit mich direkt betreffender Diskriminierung. Ich bin so stolz auf mich, dass ich das jetzt angesprochen habe. Vielen dank R.! Du bist jemand ganz besonderes!

14.30 Uhr J., eine Regisseurin aus Berlin ruft mich an. Es geht um ein Vorgespräch für einen 3-Minuten-Film, der nochmal in drei 1-Minüter aufgeteilt und für Social Media aufbereitet wird. Es geht um trans*- und nichtbinäre Fussball-Fans und was wir im und um das Stadion so erleben. Das Gespräch lief super und ich werde bald nach Berlin fahren. Vielen Dank an die KoFaS (http://www.kofas-ggmbh.de/), die Ihre Pfoten da im Spiel hat. Ich freue mich schon sehr darauf.

17.23 Uhr Ich bin auf dem Weg zur Skillsgruppe. Ab in den Fahrstuhl, hoch in den 09ten Stock. Geil! Unterwegs steigt noch eine Person mit Kind ein. Als der Fahrstuhl im 09ten anhält sagt die Person zum Kind:“ Wir steigen hier nicht aus, aber der Herr.“ Ich dachte jetzt Jahre, ich bin nichtbinär. Vielen Dank für die Klarstellung! Genau das habe ich gebraucht.

20.21 Uhr Ich liege überfahren im Bett und frage mich, was da soeben passiert ist. Die Skillsgruppe um 17.30 Uhr war sehr informativ und hilfreich, aber wir haben überzogen. Eigentlich gibt’s um 18.00 Uhr Abendessen. Gut, Donnerstags halt nicht. Habe ich mich schon dran gewöhnt, aber nicht, dass wir erst um kurz vor 19.00 Uhr im Speisesaal ankommen. Während ich mir meine zweite Kniffte schmiere fällt mir ein, dass ich um 19.00 Uhr noch meinen Spannungsbogen mit der Pflege durchgehen muss. Ich dachte dann:“ Ach schnell mal eben durchhauen und dann wieder futtern.“ Ich habe aber nicht mit der Pflegerin gerechnet. Sie ist echt nett und herzlich, aber wenn ihr etwas nicht passt, kann sie knallhart sein. Und, als wir spannungsbogenmässig beim Werken ankamen, dachte ich noch so:“ Soll ich die Rassismusbegegnung jetzt bei ihr auch nochmal ansprechen?“, und dachte dann, dass es ja zur Spannung beigetragen und den restlichen Tag dahingehend beeinflusst hat. Ich spreche das also an und sie wird sofort ganz komisch, von wegen „Das ist doch ihre Pflicht, das anzusprechen!“ und “ Warum haben Sie denn Angst vor eventuellen Konsequenzen?“, „Draussen gibt’s auch keinen Safespace!“ und so etwas. Ich war am brodeln. Irgendwann sagte ich dann nur noch:“ Nö!“ Und, als sie fragte, ob noch was war, habe ich gesagt:“ Das können Sie hier ja lesen.“ Ich wollte einfach nur noch weg. Hab dann auch irgendwann angefangen zu heulen. Im Nachhinein haben wir dann nochmal drüber geredet, dass das eh mein grosses Ding ist und dass ich mir Leichtigkeit wünsche und ein Schutzschild benötige. Ich glaub, das war ganz gut, muss das aber noch sacken lassen. Damit habe ich nicht gerechnet. Bin ein wenig überfahren, fühle mich aber leichter. Aber eine Frage werde ich nie vergessen:“ Warum müssen Sie sich denn rechtfertigen, wenn sie Scheisse ansprechen?“ (Anm. der Redaktion: Dies ist nicht der genaue Wortlaut der Pflegerin!) Ich glaube , sie hat’s echt drauf und ich hasse sie nicht, muss darüber aber noch 1, 2 Jahre schlafen…

Gute Nacht!

Tag 30

Mittwoch, 10.05.2023 – Tor für Mailand!

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, trans* Feindlichkeit, Sodbrennen, Schlafprobleme, Angespanntheit, Tierausbeutung, Rassismus, Ableismus

Ich habe es geschafft den Bann zu brechen!!!11!!11
Meine Zwänge erlauben es mir nicht „kaputtes“ Geschriebenes weiter zu benutzen. Im Falle des Blogs ist das so, wenn ich nur einen Tag nicht aufschreibe, ist der Blog „kaputt“ und ich kann ihn löschen. Jetzt habe ich 13 Tage gebraucht, um doch wieder zu schreiben und den Blog nicht zu löschen. Ich bin sehr stolz auf mich.

6.30 Uhr Ich sitze im Gemeinschaftszimmer und schreibe meinen Tagesplan auf. Meine Nacht war sehr unruhig und ich hatte solche Albträume, bei denen ich in echt öfter mal laut werde. Das hängt mir auch noch ganz schön nach. Und trotzdem fühle ich mich seit Montag so fit, wie schon Monate nicht mehr. Das ist so ungewohnt, dass ich am Montag wie gelähmt war und den halben Tag verpennt habe. Gestern lief’s schon besser, heute wird gut. Das habe ich mir auf jeden Fall vorgenommen.

8.00 Uhr Frühstück – Die regen mich alle oft einfach auf. „Das essen schmeckt nicht!“ (tierleid-Produkte), Meine Mama sagt immer, ich sei ihr kleiner Indi…. (Native American heisst das, du verdammter *&@*>%*!, Anm. der Redaktion)“, „Ich reite so gerne!“ (Reiten ist Tierausbeutung und -quälerei!, Anm. der Redaktion), „Auf dem einen Foto sehe ich nicht aus, als hätte ich einen Schlaganfall!“ (ableistisch/ behindertenfeindlich, Anm. der Redaktion), und noch andere Originalzitate von privilegierten, Weissen, oft männlich gelesenen. Wie soll ich dabei gesunden? R. hat mir gesagt, dass ich gerade das in der Therapie ansprechen soll, da ich dort ja an der richtigen Stelle dafür bin. Ich mache das auch, aber 1. ist mein Bezugstherapeut seit gestern krank und ich bekomme evtl. eine Person an die Hand, zu der ich nicht so ein Vertrauensverhältnis aufgebaut habe und 2. ist es mir unangenehm, das anzusprechen und mich dort herauszunehmen ider als etwas Anderes/Besonderes darzustellen. Da muss ich halt durch. Erst mal eine ins… Nö, ich rauche schon weniger und will spätestens bei der Entlassung damit aufhören.

8.30 Uhr Werken – Mein Hocker oder eher die Einzelteile nehmen langsam Form an. Freu mich total drauf. Ich mag auch den Therapeuten. Er hat etwas von Kurt Krömer. Den fand ich schon immer symphatisch und spätestens seit Chez Krömer finde ich ihn richtig cool. Ein Comedian, der versucht, nicht nach unten zu treten. Cooler Typ. Also der Kurt. Aber der Therapeut auch. Nur anders. Ich mag ihn. Also den Therapeuten! Aber den Kurt auch. Puh, ist das anstrengend!
…und albern! Also nicht der Dr.! Ach, lassen wir das.


11.00 Uhr Die Gruppentherapie fällt aus. Endlich wird mir ein wenig Druck abgenommen. Dise Sitzungen kosten mir immer sehr viel Kraft. Es ist nicht so, dass es mir nichts bringt, aber mir ist nicht nach quatschen in dieser Gruppe. Ich kümmere mich gerade um zu individuelle Probleme und habe keine Lust, mir irgendetwas aus den Fingern zu saugen. Dafür regen die mich schon genug auf. Dafür kann ich mich jetzt bis 12.00 Uhr aufs Bett hauen und meinen Soziologie-Schinken, das Soziologie-Buch von Anthony Giddens. Ein richtig guter Schinken mit ganz viel Inhalt. Ich bin zuvor bis Seite 74 von 989 gekommen und fange jetzt einfach nochmal von vorne an. Das ist zu lange her, also Monate, als ich das gelesen hatte.

12.30 Uhr Mittagessen ist gegessen und jetzt hau ich mich erst einmal bis 14.00 Uhr hin, weil ich gegen 14.15 Uhr das eventuelle Einzelgespräch mit der Vertretung habe. Ich werde auf jeden Fall als aller erstes klar stellen, dass es mir unangenehm ist und ich eingeschränkt reden werde, da ich zu der Person kein so gutes Verhältnis habe, wie zu meinem Bezugstherapeuten.

14.15 Uhr Überraschung! Das Einzel fällt aus. Einerseits gut, andererseits macht mir das den Tagesplan komplett kaputt und ich weiss nichts mit mir anzufangen. Erst einmal pennen…

17.00 Uhr Ich zwinge mich, wach zu bleiben und den Wecker nicht wieder weiter zu stellen. Ganz schön anstrengend, ey! Wenigstens habe ich mich heute nach dem Werken und dem Duschen danach, meine Augen zu schminken und so rum zu laufen. Ohne geschminkte Augen fühle ich mich nackt, aber ich brauche auch Selbstvertrauen, um damit rum zu laufen. Und das beste ist? Das wasserlösliche Zeugs hat das Schlafen überstanden. Yeahi!

19.00 Uhr Jetzt gehen wir meine (Ent-)Spannungskurve durch und ich spreche es, wie jeden Tag an, dass ich mich schwer damit tue, die entspannten Zeiten aufzuschreiben. Jetzt habe eine Gefühlsliste und mache mehrmals täglich in Entspannungs-Situationen einen Body Scan und schaue, wie und wo sich das für mich anfühlt. Das wird mir helfen.

19.30 Uhr Schnellen Schrittes mache ich jetzt noch meinen täglichen Abendspaziergang und geniesse die frische Luft im Wald. Gut, dass wir an unserer neuen Wohnung auch einen Wald in der Nähe haben. Das wird etabliert.

21.14 Uhr Milan gegen Inter Mailand läuft auf dem Laptop, 14te Minute und es steht 0:2. Gute Nacht! :-*

Tag 16

Mittwoch, 26.04.2023 – schlechte Laune, bester Tag

Inhaltsangabe: psychische Erkrankungen (Ängste, Depressionen, Zwänge, Borderline), Schlaganfall, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum, Essen, Sodbrennen, Schlafprobleme, Anspannung

Erste Nacht mit neuem Menschen. War für uns beide unruhig. Da ich vorm Schlafen noch ein Stück Kuchen gefuttert habe, das mir S. gestern mitgebracht hat, habe ich natürlich auch ordentlich Sodbrennen gehabt. Konnte ich ja nicht wissen, dass ich das auch davon bekommen kann.

Aber, vielleicht kam das gar nicht vom Kuchen, sondern von der Schoki? Oder von den anderen Süssigkeiten? Vielleicht auch eine Kombination von Schoki und Süssigkeiten. Vielleicht aber auch vom gestrigen Stress. Es gibt so viele Ausreden, äääh Möglichkeiten.

6.00 Uhr Der Wecker klingelt und mir wird schon schlecht, wenn ich an die Tagestermine denke. Also in allererster Linie den Plan. Wenn der wieder so spät ausliegt, dann… nichts. Was soll denn machen. Können die ja auch nichts für. Haben genug an der Backe. Ändert aber für mich auch nichts. Was noch hinzu kommt? Mein Bettnachbar ist Langschläfer und ich gehe zum Zähneputzen aufs Klo. Das müssen wir erst einmal absprechen, wie wir damit umgehen und, ob ihn das stört, wenn ich das Licht in der Waschbeckenabteilung anmache, während er noch schlummert. Besser kann der Tag doch gar nicht anfangen. Dann jetzt erst einmal ’nen Kaffee holen und langsam starten. Kein Kaffee da. Die Person, die dafür zuständig ist, hat wohl verschlafen. Normalerweise ist der Kaffee schon fertig. Ich kann mich jetzt nicht darum kümmern und dafür verantwortlich sein, dass da etwas schiefgeht oder nicht schmeckt oder sonst etwas. Das ist mir schon zu viel. Ich will wieder ins Bett. Gut, dann drehe ich mir halt eine. Eigentlich habe ich mir angewöhnt, die Erste zu quartzen, wenn wir zum Werken gehen, aber das ist halt eine Notsituation. Boah! Wenn ich das so aufschreibe, merke ich selbst, wie komisch sich das für Aussenstehende zu lesen sein muss. Ich mache da keinen Spass! Ich bin sofort bei 70%! Das ist schon der rote Bereich, bevor ich überhaupt richtig wach bin.

9.40 Uhr Werken war wid immer geil. Ich bearbeite gerade die Beine und rauche mir nach der Stunde schon die dritte Kippe. Bei jeder einzelnen Kippe mache ich mir Sorgen vor Schlaganfall Nr.4, aber, wenn ich Beruhigungsmittel einnehme, ist der Tag für mich gelaufen. Ich möchte etwas vom Tag mitbekommen. Ich hoffe sehr, dass ich hier gute Skills mitbekomme, um meine Scheisse anderweitig kompensieren kann. Ich glaube, ich bin hier auf einem guten Weg. Queer Edge¹, ich komme bald wieder zu dir, mein Schatz! :-*

11.00 Uhr Gesprächsgruppe und habe richtig miese Laune. Der Tag hat so beschissen begonnen und ich komme einfach nicht ausse Pötte. Eigentlich wollte ich um 10.00 Uhr duschen und danach kurz zu den Hühnern. Ich bin froh, dass ich es wenigstens geschafft habe zu duschen. Ich kann die Pfoten einfach nicht von meinem Tagesplan lassen. Andauernd muss ich nachgucken, ob ich auch nichts verpasse und mit der Uhr kontrollieren, ob ich noch in der Zeit bin. Das alleine ist heute schon sehr ermüdent. So läuft’s seitdem ich den Tagesplan erstelle, aber so anstrengend, wie heute, war’s noch nie. Ist halt nicht mein Tag. Ich habe gerade mal wieder das Gefühl, dass ich nichts mit dieser scheiss Gesellschaft zu tun haben möchte. Wir Menschen können so unglaubliches schaffen, machen aber lieber alles kaputt. Die Gesprächsgruppe war auch sehr anstrengend, aber ich durfte dort einfach körperlich anwesend sein. Ich hab einfach nicht die Nerven, mich heute in diese Gruppe zu integrieren. Keine Chance. Meine Aussagen wären wohl eher in Grundsatzdisskusionen bzgl. Privilegien ausgeartet. Das wäre kontraproduktiv. Dann lieber die Schnauze halten und aus dem Fenster gucken. Danach bin ich auch schon bei 90% gelandet. Ich will irgendwas kaputt machen. Wo sind die Hochsitze, wenn sie gebraucht werden? Ker!

13.00 Uhr Das Mittagessen hat mich wieder ein wenig runter geholt. Jetzt ist wieder diese Satbübung dran. Ich bin nervös, möchte aber weiterhin offen bleiben und auch körperlich an mir arbeiten.

13.15 Uhr Voll verkackt. Die Pflegerin hat mich an die Wand gedrückt. Ich war nicht in der Lage dagegen zu drücken. Was für ein Kack, ey! Ichvweiss nicht, was da gerade passiert ist. Klar, andere Person, andere Stabführung. Aber das? Was war das? Und schon bin ich wieder bei 80% angekommen. Was für eine Fahrstuhlfahrt heute. Nachdem ich mir den Kopf zerbrochen habe, als ich wieder langsam denken konnte, kam mir die Musiktherapie in den Sinn. Ich kann nichts ohne Anleitung! Ich brauche ein Rezept. Etwas einfach machen? Keine Chance.

14.00 Uhr Kaum Verschnaufpausen. Jetzt geht’s ins Einzelgespräch mit dem sympathischen Herr S.. Was für ein intensives Gespräch. Ich habe schon sehr lange nicht mehr bei einer Therapie-Sitzung so geheult. Herr S. ist echt gut. Aber er ist auch sehr empathisch. Wow, cooler Typ! Wir kommen der Sache schon näher. Und das, in der zweiten Sitzung. Ich bin völlig leer. 10 Prozent. Das gab’s schon sehr lange nicht mehr. Heute ist ein sehr guter Tag! Vielen Dank, Herr S.! Jetzt erst einmal die vorherigen zwei Tage nachholen und online packen.

19.00 Uhr Spannungskurve mit der Pflege durchgehen. Ich sollte mich intensiver mit der Skills-Liste befassen und gucken, was mir in welcher Situation hilft.

20.00 Uhr Ich war gerade zusammen mit 3 anderen eine kleine Runde im Wald. Das war super. Und jetzt ab ins Bett.

Gute Nacht

¹Wikipedia: Straight Edge und Queercore